Andreas Krebs hat an der Universität zu Köln mit einem Abstecher an die China University of Political Science and Law in Peking studiert. Er hat auch in Köln promoviert und zwischendurch einen LL.M. in Aberdeen gemacht. Heute arbeitet er als Rechtsanwalt. Mit Dr. jur. spricht er über seine Promotion aus Neugierde, die Auswahl der Quellen und regen Austausch mit seinem Doktorvater.
Zu welchem Thema hast Du promoviert?
Ich habe zur Frage der völkerrechtlichen Anerkennung von Staaten promoviert, insbesondere, ob die Anerkennung deklaratorische oder nicht doch vielmehr konstitutive Wirkung für die Herausbildung der Staatlichkeit entfaltet.
An welcher Hochschule?
Ich habe an der Universität zu Köln am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht (Prof. Dr. Burkhard Schöbener) promoviert.
Wann begann und endete Deine Promotionsphase? Vor oder nach dem Referendariat?
Meine Promotionsphase begann unmittelbar nach der Ersten Staatsprüfung. Allerdings habe ich dann noch einen LL.M. eingeschoben und im Anschluss daran weiter promoviert. Anders als geplant hat sich das ganze Vorhaben dann noch bis in das Referendariat gezogen (nicht empfehlenswert!).
Was machst Du heute?
Heute arbeite ich als Rechtsanwalt im Bereich Corporate / M&A bei der Kanzlei Oppenhoff in Köln. – Klassisches Völkerrecht also.
Empfindest du es als Problem (oder wirst du manchmal vielleicht darauf angesprochen), dass du jetzt etwas ziemlich anderes machst? Hast du dir vor oder während der Promotion darüber Gedanken gemacht, dass du in einem Themenkreis promovierst, der später nur in ganz ausgewählten Berufen für die praktische Arbeit relevant ist?
Im Gegenteil: Mir war von Beginn an bewusst, dass die Möglichkeiten völkerrechtlich zu arbeiten sehr begrenzt sein würden. Ich habe mich allerdings nur von meinem Interesse und meiner Neugierde leiten lassen und bin während der ganzen (akademischen) Ausbildung zweigleisig gefahren. In der Uni habe ich völkerrechtlich gearbeitet und nebenher in verschiedene wirtschaftsrechtliche Themengebiete reingeschnupppert.
Wie lief Deine Promotion ab? Wann hast Du mit der Themensuche begonnen, wann hattest Du das Thema gefunden und festgelegt, wann hast Du Deine Schriftfassung final abgegeben, wann war die Disputatio/Rigorosum? Und welche wichtigen Zwischenschritte gab es dazwischen?
Die Themensuche war bei mir durch Zufall recht unkompliziert. Ich hatte schon meine Seminararbeit im Schwerpunktbereichsstudium zu einem völkerrechtlichen Thema geschrieben und das dortige Thema dann als Ausgangspunkt für mein Thema genommen. Abgegeben habe ich die Schriftfassung nach ca 2,5 Jahren; ca. 4 Monate später hatte ich meine Disputation (März 2018). Wichtige Zwischenschritte waren sicherlich die Gespräche mit meinem Doktorvater, Prof. Dr. Burkhard Schöbener, der mich in der ganzen Zeit außerordentlich gut betreut hat. Es war mir somit möglich immer einzelne Teile der Arbeit einzureichen und die Ergebnisse mit ihm zu diskutieren, sodass sich der Entwurf der Arbeit sukzessive weiterentwickelte.
Wie hast Du Deinen Doktorvater/Deine Doktormutter gefunden?
Mein Doktorvater war zugleich der Prüfer meiner Seminararbeit. Ich habe ihn einfach angeschrieben und nachgefragt. Daraufhin habe ich meine Idee vorgestellt, ein Exposé eingereicht und die ganze Sache nahm ihren Lauf.
Wie bist Du auf Dein Thema gekommen? Wie sah die Ausgangsfassung Deines Themas aus und wie entwickelte es sich im Laufe der Promotion?
Das Thema selbst hat sich im Verlauf der Promotion nicht mehr so sehr geändert. Was sich sehr wohl änderte war die Struktur der Arbeit und ergänzende Aspekte, die ich nach vielen wertvollen Gesprächen mit meinem Doktorvater noch aufgenommen habe. Insofern kann man schon sagen, dass sich der Charakter der Arbeit und die Akzentuierung der Argumente während der Promotionsphase geändert hat.
Hast Du ein Exposé geschrieben? Wenn ja, was hat es Dir gebracht?
Ich habe ein kurzes Exposé geschrieben, größere Vorteile ergaben sich daraus nicht.
Was fiel Dir bei der Recherche besonders schwer? Wie hast Du Literatur und Notizen verwaltet und organisiert? Hast du irgendwelche Tipps?
Was die Organisation von Literatur und Notizen angeht, war ich ganz klassisch unterwegs. Ich hatte 12 Aktenordner in denen war jede einzelne Literaturquelle als Kopie enthalten und thematisch nach Kapiteln sortiert. Zusätzlich habe ich ein Notizbuch geführt. Darin habe ich immer alles aufgeschrieben was mir gerade zum Thema so einfiel.
Schwierig fand ich insbesondere die Auswahl der Quellen. Es ist vermutlich in jedem Rechtsbereich so, dass man sich angesichts der schieren Fülle an verfügbarer Literatur darin durchaus verlieren kann. Insofern war ich froh, dass mein Doktorvater immer wieder betonte, wie wichtig der „rote Faden“ der Arbeit sei. Ich habe mich dann später immer mehr bei jeder Quellenauswertung gefragt, ob mich dieser Literaturfund, die Argumentation etc. auf mein Ziel, d.h. auf meine Thesen hin wirklich weiterbringt.
Heißt das, dass du deine Thesen von Anfang an im Kopf hattest oder betraf das vor allem die spätere Phase der Arbeit? Und woran hast du festgemacht, ob eine Quelle für deine These(n) wichtig sein könnte, bevor du sie gelesen hast?
Ich hatte meine Thesen tatsächlich zu einem sehr frühen Zeitpunkt, größtenteils sogar vor eigentlichem Beginn im Kopf. An den Thesen selbst hat sich daher nicht mehr so viel geändert, teilweise nur der Zuschnitt. Bei der Auswahl der Quellen bin ich wie folgt vorgegangen: Über Datenbankrecherche und Lektüre größerer Lehrbücher habe ich erst einmal alles an Literatur gesammelt, was mir bei erstem Blick nur halbwegs im Zusammenhang mit meinen Thesen stand. Darauf aufbauend habe ich dann weitergehende spezifische Literatur über die Verweise gesichtet.
Wie lief das Schreiben bei Dir ab? Hast Du von Anfang an geschrieben oder erst nach Abschluss der Recherche? Hast Du Tipps und Ratschläge zum Schreiben?
Ich denke, was die Umsetzung angeht, muss jeder seinen eigenen Weg finden. Ich bin Kapitel für Kapitel vorgegangen, habe die Literatur jeweils ausgewertet und dann so lange an einem Kapitel gearbeitet, bis ich zufrieden war. Dann habe ich meistens eine Pause eingelegt und den Fußnotenapparat überarbeitet. Das wäre aus meiner Sicht vielleicht der beste Ratschlag: Ein guter Fußnotenapparat kann die Qualität einer Arbeit, aber auch das eigene Denken maßgeblich fördern.
Welche Überarbeitungsschritte waren für Dich am Wichtigsten? Hattest Du Korrektur-Leser*innen?
Von unschätzbarem Wert waren die Gespräche mit meiner Lebensgefährtin (Nichtjuristin!). Sie hat jedes Kapitel einzeln Korrekturgelesen und am Ende auch nochmals die ganze Arbeit. Wenn meine Lebensgefährtin schon nach drei Sätzen meinte, dass sie die Ausführungen nicht versteht, habe ich neu angefangen. – Eine gute Kontrolle wie ich finde.
Wie hast Du Dich auf die Disputatio vorbereitet? Wie hast Du die Thesen ausgewählt? Wie verlief die Disputatio und die Diskussion?
Ich habe meine Arbeit nochmals sehr intensiv durchgearbeitet. Da meine Kernthesen ungefähr den Ergebnissen der Hauptkapitel entsprachen, habe ich diese ausgewählt und zusammenfassend dargestellt. Disputation u. Diskussion verliefen sehr angenehm, man hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass die Arbeit noch irgendwie auf der Kippe steht. Es war einfach ein sehr angenehmes Gespräch auf Augenhöhe.
Wie lange hat es von der Disputatio zur Veröffentlichung gedauert? Wie verlief der Veröffentlichungsprozess? Hast Du im Anschluss deine Dissertation vermarktet? Wie?
Mein Doktorvater bot mir an, meine Arbeit in seiner eigenen Schriftenreihe zu veröffentlichen. Das habe ich selbstverständlich dankend angenommen, noch am Tag der Disputation den Verlag angeschrieben und keine 48 Stunden später meine Arbeit dem Verlag zugeleitet. Der Verlag hat auch die Überarbeitung des Layouts übernommen, sodass für mich nicht mehr viel zu tun war.
Wie hast Du Dich motiviert, an der Stange zu bleiben? Was hat Dir in schweren Zeiten, bei Zweifeln etc. geholfen?
Erstens meine Lebensgefährtin und meine Familie. Die Unterstützung kann man nicht hoch genug einschätzen. Wichtig war es letztlich aber auch die Arbeit zwischendurch einfach wegzulegen. Es kam durchaus vor, dass ich mehrere Wochen nicht daran gearbeitet habe. Am Ende ist es aber so, dass man sich nur selbst motivieren kann. Das war eine sehr interessante Erfahrung, die ich, schaue ich einmal zurück, nicht missen möchte.
Hattest Du irgendein Forum für Austausch mit anderen Doktorand*innen? Eine Arbeitsgruppe?
Nein, ich stand in keinem Austausch mit anderen Doktorand*innen und war auch nicht in einer Arbeitsgruppe.
Wie hast du Deine Promotionsphase finanziert? Was waren die Vor- oder Nachteile?
Während der gesamten Promotionsphase habe ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl und bei Kanzleien gearbeitet. Nachteilig war das sicher nicht, weil es schon immer eine willkommene Abwechslung war.
Hast Du einen Forschungsaufenthalt oder Ähnliches gemacht? Wo? Und was hat es Dir gebracht?
Kein Forschungsaufenthalt im engeren Sinne. Allerdings habe ich während mein LL.M-Studiums in Schottland teilweise auch dort in den Bibliotheken recherchiert und auch meine Masterarbeit zum Themenkreis meiner Doktorarbeit verfasst. – Ein Probelauf sozusagen!
Wenn Du Dir selbst früher oder heute anfangenden Doktorand*innen drei Tipps bzw. Ratschläge geben könntest – welche wären das?
Durchhalten, durchhalten, durchhalten.
Was hat Dir der Doktortitel und/oder die Promotionsphase als solche persönlich und beruflich gebracht? Was hast du in der Zeit neben dem Fachlichen gelernt? Inwiefern profitierst Du heute noch davon? Würdest Du Dich wieder für eine Promotion entscheiden? Was würdest Du wieder so machen, was ändern?
Die persönliche Erfahrung so lange an einem einzigen Projekt zu arbeiten und dieses dann auch erfolgreich abzuschließen war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich. Auch das wissenschaftliche Arbeiten selbst, das „aufbohren“ von Argumentationen und Problemen ist sicher etwas was mir im beruflichen Alltag heute noch sehr hilft. Man sollte aber nicht darüber hinwegsehen, dass eine Promotionsphase auch immer eine Phase der Entbehrung ist. Die Freunde stehen alle schon in Lohn und Brot, gründen Familien, sind in der Regel auf dem Weg zur finanziellen Sicherheit, das alles kann für einen selbst belastend sein. Am Ende lohnt es sich aber in jedem Falle, denn das was man selbst geschafft hat, kann einem niemand mehr nehmen.
Gibt es sonst noch etwas, was Du gerne sagen möchtest?
Ich tue mir immer schwer mit vermeintlich „weisen“ Abschlussworten. Nach Abschluss einer Promotion ist es immer ein Leichtes, zu kommentieren und vermeintlich gute Ratschläge zu erteilen. Deswegen belasse ich es doch einfach bei dem Zitat von Mark Twain aus dem Vorwort meiner Doktorarbeit: „The man with a new idea is a Crank until the idea succeeds.“ – Und ja, ich bin gerne ein Spinner! 😉