Zum Jahreswechsel haben viele von uns das Bedürfnis, ein wenig zurückzuschauen und auch die Zukunft zu planen. Das betrifft alle Aspekte des Lebens und damit für Doktorand*innen auch ihre Dissertation. Natürlich muss so ein Rückblick nicht zum Jahreswechsel stattfinden. Auch der Beginn des akademischen Jahrs, ein Semesterwechsel oder das “Jubiläum” des Beginns der Promotion kann ein guter Auslöser für so einen Rück- und Ausblick sein – und natürlich kann man ihn auch einfach machen, wenn man sich danach fühlt.

Warum reflektieren?

Ein Rück- und Ausblick bringt einen keine Seite weiter in der Dissertation. Sollte man die Zeit also nicht besser in Arbeit investieren? Wie bei allen Fragen rund um Arbeitsorganisation und Planung lautet die Antwort: Jein. Natürlich ist es schlecht, wenn so ein Rück- und Ausblick zur Prokrastination verwendet wird und man mehr Zeit damit verbringt als mit der eigentlichen Arbeit. Aber ein Rück- und Ausblick kann ein Mittel sein, sich neu zu motivieren und aufzubauen, wenn man sieht, wie viel man schon geschafft hat und wie viel näher das Ziel gerückt ist. Es kann ein Mittel sein, um Fehlerquellen zu finden und sie in der Zukunft zu vermeiden, egal ob das bedeutet, künftig produktiver oder zufriedener zu sein. Außerdem muss so ein Rück- und Ausblick nicht lange dauern oder aufwändig sein. Es reicht, wenn ihr euch 30-60 Minuten Zeit, Stift und Papier nehmt.

Rückblick

Los geht es mit dem Rückblick: Hier geht es darum, sich ehrlich zu überlegen, wie das letzte Jahr (das letzte Semester, die letzten Monate…) war. Dabei könnt ihr Brainstorming-mäßig alles auf einen Zettel schreiben, was euch so einfällt. Wenn ihr mögt, könnten folgende Fragen hilfreich sein:

  • Wo stand ich vor einem Jahr, wo stehe ich jetzt? Was habe ich alles geschafft?
  • Was lief besonders gut? Worauf bin ich stolz?
  • Was waren meine größten Probleme, wie bin ich damit umgegangen?
  • Was habe ich im vergangenen Jahr gelernt? Inhaltlich? Über mich und meine Arbeitsweise?
  • Wie ging es mir mental bezogen auf die Promotion? Hatte ich überwiegend Freude daran oder musste ich mich mehr dazu zwingen? War es phasenweise unterschiedlich?
  • Welche Hilfsmittel (Kalender, ToDo-Liste, Zeitplan, Programme) oder Menschen (Betreuer*in, Kolleg*innen, Mentor*innen, Freund*innen, Familie) waren hilfreich für mich? Was hat mich bei der Arbeit unterstützt, was eher gehemmt?
  • Welche Veränderungen haben sich “um die Diss herum” ergeben und wie hat das meine Diss beeinflusst?

Natürlich müsst ihr nicht alle Fragen beantworten, vielleicht sind sie auch gar nichts für euch, aber sie können helfen, eure Gedanken anzuregen. In diesem Schritt könnt ihr auch Kalender, ToDo-Listen und Notizen aus dem vergangenen Jahr anschauen, um eure Erinnerung anzuregen. Wichtig ist vor allem, dass ihr ehrlich mit euch seid. Aus diesem Grund empfehle ich auch, den Rückblick alleine zu machen und nicht in einer Gruppe.

Ausblick

Wenn ihr wisst, wie das letzte Jahr (das letzte Semester, die letzten Monate) war, könnt ihr den Blick nach vorne wenden. Dabei geht es nicht unbedingt darum, zu planen, welche Arbeitsschritte noch ausstehen, sondern vielmehr um das “Wie”. Wieder habe ich für euch ein paar Fragen zur Inspiration:

  • Was möchte ich aus dem vergangenen Jahr auf jeden Fall beibehalten?
  • An welchen Punkten meiner Arbeit (konkrete Arbeitsschritte, Zeitplanung, mentale Verfassung?) möchte ich etwas ändern? Was? Welche konkreten Schritte kann ich unternehmen, um diese Veränderungen anzugehen?
  • Welche neuen Hilfsmittel etc. möchte ich ausprobieren? Welche in Vergessenheit geratenen Hilfsmittel möchte ich (wieder) mehr nutzen?
  • Wie kann ich zukünftig (besser) mit Problemen umgehen? Wen könnte ich um Rat fragen, welche Ressourcen könnte ich nutzen?
  • Wie kann ich das, was ich im letzten Jahr gelernt habe, in Zukunft umsetzen? Wie sorge ich dafür, dass ich die Erkenntnisse nicht vergesse, sondern regelmäßig daran erinnert werde?
  • Welche Veränderungen (beruflich, privat) stehen an? Wie möchte ich damit bezogen auf die Arbeit an der Diss umgehen, welche Gefahren könnte es geben, welche Chancen könnten daraus erwachsen?

An dieser Stelle möchte ich davor warnen, sich zu viel vorzunehmen und zu viel von sich zu erwarten. Auch wenn es vielleicht ganz viele Dinge gibt, die ihr anders machen könntet: nehmt euch (erstmal) nur 2-3 konkrete Schritte vor, die ihr dringend in Angriff nehmen möchtet. Achtet dabei auch darauf, dass ihr bei euch bleibt und die Dinge angeht, die euch wichtig sind, nicht die, die andere von euch erwarten.

Und natürlich: never change a winning team – wenn ihr am Ende des Rückblicks festgestellt habt, dass ihr mit allem zufrieden seid, müsst ihr auch gar nichts verändern. Dann klopft euch auf die Schulter und macht weiter wie bisher.


Inspiriert zu diesem Beitrag hat mich übrigens dieses Video von EllatheBee zum Thema Jahresplanung. Wenn ihr also Lust bekommen habt, so einen Rück- und Ausblick umfassender zu gestalten, findet ihr dort ein paar schöne Anregungen.