Auf diesem Blog gibt es schon ein paar Beiträge dazu, wie man Literatur organisieren kann – zB mit einer händisch geführten Tabelle oder mit Citavi. Aber wir kommt man eigentlich überhaupt an die Literatur, die man organisiert? Bei manchen Themen wird man von Literatur geradezu erschlagen und die Hauptaufgabe besteht am Anfang darin, alle Literatur zu sichten, grob auszuwerten und die wirklich relevanten Quellen herauszufiltern. Bei anderen Themen steht man vor dem gegenteiligen Problem: es scheint fast gar keine Literatur zu geben. Manchmal wirkt das aber auch nur auf den ersten Blick so. In diesem Beitrag zeige ich deshalb ein paar Wege auf, wie man Literatur finden kann. Viele davon dürften schon aus dem Studium bekannt sein, aber vielleicht ist ja der ein oder andere Weg dabei, an den ihr noch nicht gedacht habt.
Das Schneeball-Prinzip
Ganz grundsätzlich gilt: wenn man einmal eine passende Quelle gefunden hat, öffnet diese häufig den Weg zu ganz viel Literatur. Selbst wenn in der ersten Quelle nur ein oder zwei Quellen angegeben werden, haben diese vielleicht wiederum andere Literatur zitiert, sodass man langsam aber sicher immer mehr findet.
Der leichteste Weg, Literatur zu finden, ist es, in einem Kommentar nachzusehen, sofern sich das Thema einer konkreten Norm oder mehreren Normen zuordnen lässt. Selbst wenn im Kommentar keine direkte Antwort auf die eigene Fragestellung zu finden ist, gibt es am Beginn vieler Kommentierungen eine Literaturliste. Gerade wenn dort Monographien oder längere Aufsätze aufgeführt werden, kann es sinnvoll sein, diese herauszusuchen und dort im Inhaltsverzeichnis oder Register nachzuschauen. Selbst wenn man dort auch nicht konkret fündig wird, ist es häufig hilfreich, einmal “reinzulesen”, um sich ganz generell mit dem Dunstkreis des Themas zu befassen. Und auf jeden Fall nicht vergessen, die überflogene Literatur in einer Liste aufzuführen, idealerweise mit einer Notiz, wie hilfreich sie ist oder für welche Untergebiete es Informationen gibt.
Gibt es zur Fragestellung eines oder mehrere Urteile, kann man neben den in den Urteilen angegebenen Quellen auch nach Anmerkungen und Urteilsbesprechungen suchen. Die klassischen Datenbanken (zB beck-online oder juris) zeigen zu einem Urteil immer auch Parallel-Fundstellen an, bei denen angegeben ist, welche davon eine Anmerkung enthalten. Eine Aufgabe der Anmerkungen ist es, die Urteile einzuordnen, wozu in aller Regel auch passende Literatur zitiert wird. Und natürlich kann die Anmerkung selbst auch hilfreiche Denkanstöße geben. Gerade wenn eine Fragestellung noch sehr neu ist oder vor dem entsprechenden Urteil weitgehend unbekannt war, sind Anmerkungen die schnellsten Quellen, die sich direkt damit auseinandersetzen, weil sie in der Regel innerhalb weniger Monate nach Verkündung bzw. Veröffentlichung des Urteils erscheinen. Zusätzlich zu den Anmerkungen sollte man auch die vorhergehenden Urteile der Instanzgerichte lesen – dort können interessante Gedanken und Hinweise auf weiterführende Literatur zu finden sein.
Falls es im (erweiterten) Dunstkreisbereich des eigenen Themas schon Monographien gibt, lohnt es sich auch, das Literaturverzeichnis durchzusehen. Dort werden Aufsätze etc. in der Regel mit vollem Titel aufgeführt, sodass man schnell erfolgsversprechende Quellen ausfindig machen kann. Generell sollte man bei allen Quellen unabhängig davon, ob sie sich im Kern mit der eigenen Fragestellung befassen, einmal in den Fußnotenapparat schauen, um zu sehen, ob es dort erfolgsversprechende Hinweise gibt.
Nach relevanten Schlagworten suchen
Gibt es (scheinbar) kein Urteil, keine Kommentierung und keine passende Monographie oder hat man diese noch nicht gefunden, hilft es, nach den richtigen Schlagworten zu suchen. Dafür kann man zunächst den Bibliothekskatalog der jeweiligen Universitätsbibliothek benutzen. Außerdem sollte man juristische Datenbanken (zB beck-online oder juris) durchsuchen. Insbesondere bei internationalen Themen gibt es daneben noch Hein-Online, Westlaw und SSRN – und je nach passendem Rechtskreis noch einige mehr. Manchmal hilft auch eine Suche bei Google Scholar oder einfach nur Google weiter.
Neben der elektronischen Suche kann man auch in (physischen) Zeitschriftenregistern oder den Schlagwortregistern einschlägiger Kommentare oder Handbücher suchen. Wie im Examen auch gilt hier: die “Idiotenwiese” heißt so, weil man ein*e Idiot*in ist, wenn man sie nicht benutzt 😉
Wenn es wirklich nichts gibt
Wenn man all diese Wege ausgeschöpft hat, ohne etwas zu finden, kann man schließlich noch einmal die*den Betreuer*in um Hilfe bitten. Vielleicht kennt er das richtige Schlagwort oder sie hat einen hilfreichen Aufsatz im Kopf.
Manchmal ist es aber auch so, dass es tatsächlich nichts zu der Fragestellung gibt. In diesem Fall: Glückwunsch, du hast etwas wirklich Neues gefunden und kannst der*die erste sein, die*der etwas dazu schreibt! Dann geht es darum, die klassischen Auslegungsmethoden heranzuziehen, allgemeine Grundsätze und Prinzipien des Rechtsgebiets anzuwenden, Interessen herauszuarbeiten und mit ähnlich gelagerten Fällen zu vergleichen – bei diesen Schritten gibt es mit Sicherheit Literatur, die du auswerten und verwenden kannst. Und wenn du bei den vorherigen Schritten schon fleißig Literatur aufgeschrieben hast, weißt du sicherlich auch, wo du mit der Suche beginnen kannst.