Sebastian Pech hat in Bayreuth und München studiert und in München sein Referendariat absolviert. Nach seiner Promotion an der Universität Bayreuth war er für ein LL.M.-Studium an der Duke University in den USA. Heute ist er in der Verlagsbranche tätig und betreibt zudem die Internetseite LL.M. Essentials mit Informationen rund um ein LL.M.-Studium in den USA. Im Interview mit Dr. jur. spricht er über die Wichtigkeit von Austausch mit und Feedback von Anderen, die Entscheidung zwischen Promotion und LL.M. und über die Vorteile eines Stipendiums des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb.

Zu welchem Thema hast Du promoviert?

Ich habe zu einem urheberrechtlichen Thema an der Universität Bayreuth promoviert. Konkret habe ich am Beispiel von On-Demand-Streaming-Plattformen untersucht, welche Rolle das Urheberrecht bei neuen Geschäftsmodellen zur Distribution von Inhalten in digitaler Form spielt und ob der derzeitige Rechtsrahmen flexibel genug ist, um die Besonderheiten ausreichend zu berücksichtigen.

Wann begann und endete Deine Promotionsphase? Vor oder nach dem Referendariat?

Mit meiner Promotion habe ich nach dem Referendariat und vor dem LL.M.-Studium begonnen, das ich in den USA absolviert habe. Die mündliche Prüfung in Form des Kolloquiums fand kurz nach meiner Rückkehr nach Deutschland statt.

Für mich stand schon während des Studiums fest, dass ich promovieren will. Dennoch habe ich mich bewusst dafür entschieden, erst das Referendariat zu absolvieren. Ich wollte den „Schwung“ und das Wissen aus dem 1. Examen für das 2. Examen mitnehmen. Zudem erhält man im Referendariat insbesondere durch die Arbeit in den Stationen auch Einblicke in neue Rechtsgebiete, was einem bei der Themenfindung helfen kann. Ich kenne aber auch viele, die nach dem 1. Examen eine Lernpause wollten und daher erst einmal promoviert haben.

Wie lief Deine Promotion ab? Wann hast Du mit der Themensuche begonnen, wann hattest Du das Thema gefunden und festgelegt, wann hast Du Deine Schriftfassung final abgegeben, wann war die Disputatio/Rigorosum? Und welche wichtigen Zwischenschritte gab es dazwischen?

Auch wenn ich mir schon während des Studiums und Referendariats Gedanken über mögliche Rechtsgebiete gemacht habe, ging es mit der Themensuche erst richtig nach Abschluss des 2. Examens los. Ein passendes Thema zu finden hat bei mir ca. vier Monate gedauert.

Meine Arbeit habe ich kurz vor Beginn des LL.M.-Studiums nach ca. drei Jahren offiziell eingereicht. Eigentlich wollte ich auch das Kolloquium noch vor dem LL.M. absolvieren. Das hat dann aber zeitlich nicht geklappt, da die Vorbereitungen für den Auslandsaufenthalt doch sehr viel Zeit in Anspruch genommen haben und ich die Arbeit erst kurz vor der Abreise einreichen konnte.

Als Zwischenschritte habe ich meinem Doktorvater ein Probekapitel geschickt und einen Vortrag auf einem von meinem Doktorvater veranstalteten Doktorandenseminar gehalten. Als ich aus meiner Sicht mit der Arbeit fertig war, habe ich diese meinem Doktorvater zur Vorkorrektur zukommen lassen und habe so auch noch einige hilfreiche Anmerkungen erhalten.

Wie hast Du Deinen Doktorvater/Deine Doktormutter gefunden?

Auf meinen Doktorvater bin ich über eine Empfehlung eines Professors, den ich aus dem Studium kannte, gekommen.  Ich habe meinen Doktorvater daraufhin angeschrieben und ihm neben meinem Lebenslauf auch eine kurze Schilderung der Themenidee zukommen lassen. Er fand diese interessant und wir haben uns im Anschluss zu einem persönlichen Gespräch getroffen, bei dem ich mein Thema ausführlicher vorgestellt habe.

Wie bist Du auf Dein Thema gekommen? Wie sah die Ausgangsfassung Deines Themas aus und wie entwickelte es sich im Laufe der Promotion?

Für die Themenfindung bin ich zunächst die letzten Jahrgänge der relevanten Fachzeitschriften aus meinem Interessenbereich durchgegangen. Zusätzlich habe ich mir auf den Uniseiten die Themenvorschläge für Seminararbeiten durchgesehen. Die Idee zu meinem Thema habe ich dann aber letztendlich durch einen Vortrag auf einer wissenschaftlichen Tagung erhalten.

Mein Thema war am Anfang noch deutlich breiter angelegt. Während der Schreibphase habe ich mich dann aber entschlossen, bestimmte Fragen auszuklammern, da die Arbeit ansonsten zu umfangreich geworden wäre.

Hast Du ein Exposé geschrieben? Wenn ja, was hat es Dir gebracht?

Mein Doktorvater wollte, dass ich zu meinem Themenvorschlag ein Exposé erstelle. Ich fand das am Anfang etwas lästig, letztendlich hat es mir aber doch sehr geholfen, das Thema einmal von vorne bis hinten zu durchdenken und die Kernprobleme zu identifizieren. Zudem konnte ich das Exposé auch verwenden, um mich für Promotionsstipendien zu bewerben.

Was fiel Dir bei der Recherche besonders schwer? Wie hast Du Literatur und Notizen verwaltet und organisiert? Hast du irgendwelche Tipps?

Bei der Recherche hatte ich keine größeren Probleme. Ich hatte Zugriff auf die wichtigsten Datenbanken und sämtliche Literatur, die ich benötigt habe.

Aufsätze, Entscheidungen und die wichtigsten Kommentarstellen habe ich kopiert bzw. ausgedruckt und nach Themenbereichen in Ordner abgeheftet. So konnte ich bei Bedarf schnell darauf zugreifen und mir auch direkt in den Unterlagen Notizen machen oder wichtige Stellen anstreichen.

Dieses System hat für mich gut funktioniert, ein Literaturverwaltungsprogramm, wie z.B. Citavi, habe ich nicht benutzt.

Wie lief das Schreiben bei Dir ab? Hast Du von Anfang an geschrieben oder erst nach Abschluss der Recherche? Hast Du Tipps und Ratschläge zum Schreiben?

Nach der langen Themensuche war ich etwas ungeduldig und habe dann direkt nach Abschluss des Exposés mit dem Schreiben begonnen. Mein Thema war in mehrere weitestgehend eigenständige Kapitel aufgeteilt, sodass ich diese nach und nach abarbeiten konnte. Bei mir hat sich aber trotzdem noch viel während des Schreibens entwickelt. Ich habe z.B. öfter die Gliederung im Detail abgeändert und letztendlich dann auch einige Themenbereiche weggelassen.

Wenn man bald mit dem Schreiben beginnt, hat das den motivierenden Aspekt, schon zu einem frühen Zeitpunkt etwas zu Papier gebracht zu haben. Auf der anderen Seite läuft man aber auch Gefahr, dass man das bereits Geschriebene zu einem späteren Zeitpunkt dann doch nicht in die finale Fassung aufnehmen will. Da ich die meisten der ausgeklammerten Bereiche für andere Publikationen verwenden konnte, war das bei mir aber nicht weiter schlimm.

Welche Überarbeitungsschritte waren für Dich am Wichtigsten? Hattest Du Korrektur-Leser?

Ein wichtiger Schritt war die Teilnahme an einem Doktorandenseminar, bei dem ich meine Arbeit vorstellen konnte. Dadurch habe ich viel wertvolles Feedback erhalten und meine Arbeit auch noch etwas stringenter gestalten können. Mein Doktorvater hatte von mir ein Probekapitel sowie eine vorläufige Endfassung zur Vorkorrektur erhalten, von ihm habe ich dann auch noch guten Input bekommen.

Bevor ich die Arbeit offiziell eingereicht habe, habe ich sie von einer Kollegin Korrekturlesen lassen. Das war aber mehr eine sprachliche als eine inhaltliche Durchsicht.

Wie hast Du Dich auf die Disputatio vorbereitet? Wie hast Du die Thesen ausgewählt? Wie verlief die Disputatio und die Diskussion?

Da bei mir zwischen Abgabe und Kolloquium mehr als zehn Monate lagen, habe ich die Arbeit noch einmal intensiv durchgearbeitet und dabei auch die Anmerkungen der Gutachter berücksichtigt. Zu Beginn des Kolloquiums habe ich zunächst die wesentlichen Ergebnisse meiner Arbeit in Form eines Kurzreferats vorgestellt, im Anschluss gab es dann eine Diskussion mit den Mitgliedern der Prüfungskommission. Auch wenn einige kritische Fragen dabei waren, habe das Kolloquium nicht als unangenehm empfunden, sondern als Fachgespräch auf Augenhöhe.

Wie lange hat es von der Disputatio zur Veröffentlichung gedauert? Wie verlief der Veröffentlichungsprozess? Hast Du im Anschluss deine Dissertation vermarktet? Wie?

Ab dem Kolloquium hat es bei mir ca. vier Monate zur Veröffentlichung gedauert. Der Veröffentlichungsprozess selbst lief relativ schnell und unkompliziert ab. Mein Zweitgutachter ist Mitherausgeber einer Schriftenreihe, in die mein Thema gut gepasst hat. Er hatte mir angeboten, meine Arbeit dort zu veröffentlichen und ich habe dann direkt Kontakt mit dem Verlag aufgenommen.

Mein Doktorvater hatte mir den Tipp gegeben, jeweils ein Exemplar meiner Dissertation an Personen zu schicken, die das Thema in den wichtigsten Kommentaren und Handbüchern bearbeiten. Diese habe ich angeschrieben und gefragt, ob ich ihnen ein Freiexemplar meiner Arbeit zukommen lassen darf.

Wie hast Du Dich motiviert, an der Stange zu bleiben? Was hat Dir in schweren Zeiten, bei Zweifeln etc. geholfen?

Sehr geholfen haben mir eine gewisse Struktur im Tagesablauf und Routinen. Ich habe die Arbeit an der Dissertation wie einen normalen Job behandelt und mich von Montag bis Freitag immer zu den gleichen Zeiten an den Schreibtisch gesetzt. Am Wochenende habe ich versucht, den Kopf freizubekommen und mich möglichst nicht mit juristischen Themen zu beschäftigen. Kleinere Motivationstiefs gab es bei mir auch, diese haben aber zum Glück nie besonders lange gedauert. Am Ende der Schreibphase hat mich dann das bevorstehende LL.M.-Studium und der damit verbundene Auslandsaufenthalt noch einmal besonders motiviert, die Arbeit zeitnah abzuschließen.

Den Austausch mit anderen Promovierenden sollte man als Motivationsfaktor ebenfalls nicht unterschätzen. Ideal ist es, wenn man jemanden hat, mit dem man inhaltliche Dinge diskutieren kann. Es hilft aber auch schon sehr viel, einfach über die alltäglichen Problemchen, z.B. die Formatierung in Word, sprechen zu können.

Hattest Du irgendein Forum für Austausch mit anderen Doktorand*innen? Eine Arbeitsgruppe?

Eine Arbeitsgruppe hatte ich nicht. Ich hatte aber als Stipendiat am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb das Glück, dass dort auch viele Doktorandinnen und Doktoranden aus meinem Fachgebiet waren, mit denen ich mich sowohl über fachliche als auch allgemeine Promotionsthemen austauschen konnte.

Wie hast du Deine Promotionsphase finanziert? Was waren die Vor- oder Nachteile?

Ich hatte ein Stipendium der VG WORT und des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb. Daneben habe ich aber auch promotionsbegleitend an einem wissenschaftlichen Institut gearbeitet. Beide Finanzierungsformen haben aus meiner Sicht ihre Vor- und Nachteile.

Mit einem Stipendium hat man zwar die Möglichkeit, sich voll auf seine Forschung zu konzentrieren, man bekommt aber möglicherweise rechts und links von seinem Thema kaum etwas mit. Das Gute an dem Stipendium des Max-Planck-Instituts war daher, dass dieses nicht nur aus einer finanziellen Förderung bestand. Den Stipendiatinnen und Stipendiaten wurde zusätzlich auch ein Arbeitsplatz im Institutsgebäude in München zur Verfügung gestellt und es gab regelmäßige Treffen, auf dem man sein Thema vorstellen und diskutieren konnte. Dadurch war man sehr gut in die Forschungsgemeinschaft eingebunden und konnte schnell Kontakte schließen. Arbeitet man nebenbei noch, etwa in einer Kanzlei oder an einem Lehrstuhl, muss man immer darauf achten, dass die Dissertation nicht zu kurz kommt. Andererseits können sich aus der Beschäftigung mit angrenzenden Themenbereichen aber auch interessante Denkanstöße für die eigene Arbeit ergeben.

Hast Du einen Forschungsaufenthalt oder Ähnliches gemacht? Wo? Und was hat es Dir gebracht?

Einen Forschungsaufenthalt habe ich nicht absolviert, da ich in meiner Arbeit hauptsächlich deutsches und EU-Recht behandelt habe.

Du hast sowohl einen LL.M. gemacht als auch promoviert. Was würdest Du jemandem raten, die oder der vor der Entscheidung steht, ob sie oder er das eine oder andere machen soll?

Die Frage, ob man eine Promotion oder ein LL.M.-Studium absolvieren soll, ist eine sehr individuelle Entscheidung. Ich wollte immer beides machen, weil dabei unterschiedliche Kompetenzen gefordert und geschult werden.

Während der Promotion setzt man sich über einen längeren Zeitraum vertieft mit einem wissenschaftlichen Thema auseinander. Dafür sind vor allem Durchhaltevermögen und Motivationsfähigkeiten, aber auch detailgenaues Arbeiten und Kreativität erforderlich. Den LL.M., zumindest wenn dieser im Ausland absolviert wird, kann man hingegen fast als Gegenstück ansehen. Während sich bei der Promotion vieles „im stillen Kämmerlein“ abspielt, muss man im Rahmen eines LL.M.-Studiums durch den Umzug in ein anderes Land, das Leben in einer fremden Sprache und der Beschäftigung mit einem anderen Rechtssystem seine Komfortzone verlassen. Man lernt dadurch zum einen viele neue Menschen und Kulturen kennen und verbessert fast automatisch seine Fremdsprachenkenntnisse. Zudem sieht man aber auch viele Dinge, die man bisher als selbstverständlich betrachtet hat (z.B. das eigene Rechtssystem und die Art der Wissensvermittlung im Studium) mit anderen Augen.

Wenn man sich zwischen Promotion und LL.M.-Studium entscheiden muss, würde ich mich zunächst fragen, was meine beruflichen Ziele sind. Für eine Karriere in der Wissenschaft ist eine Promotion Pflicht. Für eine Anwaltstätigkeit im internationalen Umfeld dürfte ein „LL.M.“ hingegen hilfreicher als ein „Dr.“ sein.

Wichtig sind aber auch die persönlichen Präferenzen. Für eine Promotion braucht es sehr viel Durchhaltevermögen und wenn man eigentlich keine Lust auf wissenschaftliches Arbeiten hat, wird die Promotionsphase sehr zäh oder man bricht sie sogar vorzeitig ab.

Wenn Du Dir selbst früher oder heute anfangenden Doktorand*innen drei Tipps bzw. Ratschläge geben könntest – welche wären das?

1. Nicht das erstbeste Thema nehmen, das einem von der Doktormutter oder dem Doktorvater vorgeschlagen wird. Man verbringt sehr viel Zeit mit dem Thema und sollte daher etwas wählen, was einen auch wirklich interessiert.

2. Die Themensuche sollte man nicht überstürzen, für die Recherche- und Schreibphase ist aber eine Deadline sinnvoll. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man entweder sehr lange braucht oder aber mit der Arbeit gar nicht fertig wird. Die meisten Dissertationen werden nicht dadurch besser, dass man noch ein halbes Jahr länger an Kleinigkeiten feilt.

3. Möglichst viel Feedback zu seiner Arbeit einholen. Das muss nicht nur von der Doktormutter oder dem Doktorvater kommen, auch andere Promovierende oder in der Praxis tätige Personen können einem hilfreiche Hinweise geben.

Was hat Dir der Doktortitel und/oder die Promotionsphase als solche persönlich und beruflich gebracht? Was hast du in der Zeit neben dem Fachlichen gelernt? Inwiefern profitierst Du heute noch davon? Würdest Du Dich wieder für eine Promotion entscheiden? Was würdest Du wieder so machen, was ändern?

In persönlicher Hinsicht gibt einem eine abgeschlossene Promotion ein gewisses Selbstbewusstsein dahingehend, dass man auch sehr große Projekte meistern kann. Auch in fachlicher Hinsicht habe ich vieles gelernt. Dies betrifft nicht nur das Thema der Arbeit selbst, sondern auch das allgemeine juristische Handwerkszeug, wie etwa eine gut aufgebaute Argumentation und ein verständlicher Schreibstil.

Ich würde mich auf jeden Fall wieder für die Promotion entscheiden. Mit den heutigen Erfahrungen würde ich mir wieder genug Zeit für die Themensuche lassen, dann aber die Arbeit in möglichst kurzer Zeit „herunterschreiben“ und mir mehr Feedback von anderen einholen.


Das Interview wurde im Dezember 2021 geführt.