Gleich zu Beginn der Promotionsphase stehen viele Doktorandinnen vor der Aufgabe, ein Exposé zu schreiben. Es ist zugleich die erste Hürde, die genommen werden will, und eine Chance, das eigene Thema besser kennenzulernen. In diesem Beitrag möchte ich Funktionen und Inhalt des Exposés vorstellen und einen kleinen Erfahrungsbericht geben, wie ich persönlich bei der Erstellung vorgegangen bin.

Funktionen eines Exposés

Anlass für ein Exposé kann wie bei mir eine Bewerbung für ein Stipendium oder einen Forschungsaufenthalt sein; es kann dazu dienen, eine (potentielle) Betreuerin von dem Thema zu überzeugen oder um sich selbst einen groben Überblick über das Promotionsvorhaben zu geben. Doch ganz gleich, was der Anlass ist, das Exposé erfüllt verschiedene Kernfunktionen:

  • Erklärung des Themas: Das Exposé dient zunächst dazu, zusammenzufassen, worum es in dem Dissertationsprojekt eigentlich gehen soll. Es verdeutlicht, was das eigentliche Ziel des Promotionsvorhabens ist. Dazu wird das Thema auf die wesentliche(n) Forschungsfrage(n) konkretisiert und eingegrenzt. Dadurch zwingt es, die bisher vielleicht noch vage gebliebenen Gedanken präzise zu formulieren.
  • Relevanz des Themas: Mit dem Exposé soll auch dargelegt werden, warum ein bestimmtes Thema interessant ist und die konkrete Forschungsfrage den Stand der Wissenschaft voranbringen kann. Dazu gehört es auch, zunächst überhaupt über den Stand der Wissenschaft zu informieren.
  • Schaffung eines Rahmens: In dem Exposé wird außerdem der Rahmen für das Promotionsvorhaben gespannt. Indem die Forschungsfrage und die vorgesehene Arbeitsweise vorgestellt werden, zwingt das Exposé dazu, das gesamte Projekt einmal zu durchdenken. Das bedeutet nicht, dass danach alles klar ist, denn dann wäre die Dissertation selbst nicht mehr nötig, um die Forschungsfrage zu klären, aber das Exposé sollte einen Eindruck davon vermitteln, wie die Dissertation am Ende aussehen könnte.

Je nachdem, für welchen Anlass das Exposé angefertigt wird, kann es noch weitere Funktionen erfüllen:

  • Das Exposé soll auch zeigen, dass sich der Ersteller ausreichend mit der Thematik befasst hat und überblicken kann, welche Aspekte das Thema beinhaltet. Damit dient es zur Selbstkontrolle.
  • Das Exposé kann dazu dienen, eine gemeinsame Diskussionsgrundlage zu schaffen, auf deren Basis Doktorand und Betreuerin über das Vorhaben sprechen können. Es ist damit auch Basis für erstes Feedback.

Allgemein gilt: das Exposé dient nicht dazu, jeden Schritt der Dissertation vorzuzeichnen oder ein starres Gerüst aufzustellen. Man muss sich auch im Nachhinein nicht an die Einzelheiten daraus gebunden fühlen. Wenn die Forschungsfrage durch das Exposé schon abschließend geklärt werden könnte, würde es sich vermutlich nicht für eine Dissertation eignen.

Formalia

Länge und formale Vorgaben für ein Exposé können stark variieren, je nachdem, wofür es angefertigt wird. Gibt es genaue Vorgaben, sollte man sich natürlich an diese halten.

Ansonsten gilt, wie bei allen wissenschaftlichen Arbeiten, dass eine Standard-Schriftart (Times New Roman, Arial, Calibri etc.) in einer normalen Schriftgröße (11 oder 12 pt) und Blocksatz verwendet werden sollten. Ein Korrekturrand ist in der Regel nicht erforderlich, normale Seitenränder von 2 cm genügen. 1,5facher Zeilenabstand ist üblich. Es sollte eine Seitenzählung eingefügt werden.

Eine übliche Länge für Exposés gibt es nicht, je nach Anlass werden teilweise 20 Seiten und mehr verlangt, teilweise eine Begrenzung auf nur eine oder zwei Seiten vorgegeben. Exposés sollten unbedingt mit Überschriften gegliedert werden, bei längeren Exposés können diese auch mehrere Ebenen beinhalten.

Der Titel des Exposés sollte meines Erachtens der Arbeitstitel der Dissertation ggf. mit Exposé als Untertitel sein. Auf diese Weise wird sofort das Thema in den Vordergrund gestellt und eine Verwechslung ist ausgeschlossen.

Generell gilt: auch im Exposé müssen dargestellte Meinungen belegt und fremde Gedanken als solche kenntlich gemacht werden. Es handelt sich aber nicht um eine wissenschaftliche Arbeit im engeren Sinne, die Fußnotendichte dürfte also eher geringer sein.

Inhalt

Auch hinsichtlich des Inhalts gibt es zum Teil Vorgaben, insbesondere von den Stipendiumsgebern. Die nötigen Inhalte ergeben sich aber auch aus den Funktionen eines Exposés. Üblich sind:

  • Darstellung des Themas: zunächst sollte das Thema und die eigene Forschungsfrage dargestellt werden. Dabei muss immer auch die Leserin im Blick behalten werden: richtet sich das Exposé an Juristen, Experten auf dem Rechtsgebiet oder auch juristische Laien? Das Problem sollte so einfach wie möglich erklärt werden, ohne unrichtig zu sein. Wenn es sich anbietet, kann das auch anhand eines Fallbeispiels geschehen.
  • Zusammenfassung des Forschungsstands: Um die Relevanz des Themas zu verdeutlichen, wird im Exposé auch der Forschungsstand dargestellt und zusammengefasst. Alle wichtigen Meinungen und Untermeinungen sollten dargestellt werden. Zugleich wird damit aufgezeigt, welche Lücke noch besteht, die man mit dem Promotionsvorhaben zu schließen gedenkt.
  • Arbeitsweise/Vorgehen/Methode: Hier können die einzelnen Schritte, die auf dem Weg zur Beantwortung der Forschungsfrage nötig sind, beschrieben werden. Am leichtesten geht das häufig, indem man die einzelnen Aspekte der Forschungsfrage oder die verschiedenen Kapitel der Gliederung darlegt und so die Grundzüge der Bearbeitung erklärt. Die einzelnen Bereiche sollten dabei nur kurz umrissen werden.

Gerade bei der Bewerbung für Stipendien wird häufig außerdem noch verlangt:

  • Zeitplan: Der Zeitplan dient einer Einschätzung, ob das Thema in der vorgesehenen Zeit bearbeitet werden kann. Es bietet sich an, in Abschnitten von mindestens sechs Wochen und höchstens drei Monaten die einzelnen Arbeitsschritte aufzuteilen. Der Übersichtlichkeit halber bietet sich eine tabellarische Darstellung oder Liste an. Auch wenn ein Zeitplan für euer Exposé nicht verlangt wird, empfehle ich unbedingt, einen zu machen, damit ihr grob eine Ahnung habt, wie schnell ihr was machen solltet und wo ihr euch Zeit lassen könnt oder nehmen wollt.*
  • Abstract/Executive Summary: Ein Abstract oder Executive Summary ist eine Kurzzusammenfassung, die dem Exposé vorangestellt wird. Dabei ist das Abstract in der Regel deutlich kürzer und sollte nur etwa drei bis fünf Sätze umfassen. Hier kann also nur die Forschungsfrage kurz erklärt und ggf. die Vorgehensweise des Promotionsvorhabens angerissen werden. Ein Executive Summary ist etwa eine halbe bis ganze Seite lang. Hier kann auch der aktuelle Forschungsstand kurz zusammengefasst werden.
  • Liste der wichtigsten Literatur: Hier ist es üblich, wesentliche Monografien oder längere Aufsätze anzugeben. Auf gängige Kommentar- und Lehrbuchliteratur kann in der Regel verzichtet werden. Anders als bei Seminararbeiten etc. müssen nicht alle in den Fußnoten genannten Quellen im Literaturverzeichnis auftauchen und umgekehrt.

Die einzelnen Bestandteile eines Exposés können als Grobgliederung verwendet werden.

Erfahrungsbericht zur Vorgehensweise

Ich selbst habe zwei Exposés kurz hintereinander verfasst. Zunächst ein ausführliches (20 Seiten) für die Bewerbung bei der Studienstiftung und dann ein sehr kurzes (2 Seiten) für die Bewerbung um einen Forschungsaufenthalt. Dabei bin ich wie folgt vorgegangen:

  • Zuerst habe ich mein Thema bzw. meine Forschungsfrage eingegrenzt. Im vorletzten Post habe ich erklärt, welche Fragen bei der Themenfindung helfen können. Wenn ihr die Forschungsfrage habt, lässt sich daran schon viel für das Exposé ableiten.
  • Als Teil der Themenfindung bzw. -konkretisierung habe ich die Literatur gesichtet. Ausgangspunkt meiner Themenfindung waren verschiedene EuGH-Urteile, zu denen ich Anmerkungen gelesen habe. Bei der übrigen Literatur habe ich mich auf die gängigen Kommentare und Lehrbücher und die Monografien, die zu eng verwandten Themen geschrieben wurden, konzentriert. Dabei habe ich auch schon die Literatur gesammelt und in Citavi eingefügt, die ich später für meine Dissertation lesen wollte.
  • Um mir den Streitstand zu vergegenwärtigen, habe ich versucht, die Urteile des EuGH und die Meinungen, die in der Literatur vertreten wurden, auf je zwei oder drei Sätze oder Stichpunkte runterzubrechen und jeweils einen eigenen kleinen Zettel pro Quelle angelegt. Mit diesen Zetteln konnte ich die Meinungen gut sortieren, in Beziehung zueinander setzen und mit verschiedenen Reihenfolgen der Darstellung
  • Während dieses Prozesses habe ich erarbeitet, welche Lücke noch besteht. Ich hatte zwar das Gefühl, dass so ziemlich alle zu der Frage möglichen Meinungen schon diskutiert werden, dass aber durch den Vergleich mit ähnlichen Problemen neue Argumente und Schlüsse gezogen werden konnten. Dadurch hat sich dann auch meine Methode bzw. Arbeitsweise ergeben.
  • Als mir Forschungsfrage, Meinungsstand und Arbeitsweise klar war, habe ich diese Dinge verschriftlicht. Aus der Methode ergab sich dann auch schnell ein Zeitplan, da sich die Arbeit in die Vergleichs-Probleme in anderen Gerichtsständen runterbrechen ließ. Mir hat es geholfen, fürs Ende noch einige Monate für “Inhaltliche Überarbeitung und sprachliche Korrektur” vorzusehen, die ich für mich als “Puffer-Zeit” angesehen habe, um Unvorhergesehenes berücksichtigen zu können.
  • Erst ganz zum Schluss habe ich dann noch das Abstract geschrieben und die Literaturliste angefügt.
  • Das Exposé habe ich erst selbst überarbeitet und dann verschiedenen Personen zum Gegenlesen gegeben, um Feedback sowohl zum Sprachlichen als auch zum Verständnis und Inhalt zu bekommen. Besonders wertvoll war das Feedback von meiner Mentorin und meinem Doktorvater. Es hat mir nicht nur konkret für das Exposé geholfen, sondern auch für meine Dissertation als solche – genau aus diesem Grund empfehle ich auch jedem, ein Exposé zu schreiben und es als Diskussionsgrundlage zu verwenden.

Habt ihr ein Exposé geschrieben? Warum oder warum nicht? Habt ihr Ergänzungen?

Falls euch das Exposé noch bevorsteht: habt ihr noch weitere Fragen dazu, wie man ein Exposé schreibt?

* Wenn ihr unsicher seid, wie ihr bei eurem Zeitplan vorgehen sollt, in JA 2017, 1409-1426 habe ich in einem Beitrag erklärt, wie man einen Zeitplan für die Examensvorbereitung machen kann – das Prinzip lässt sich leicht übertragen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert