Philipp Overkamp hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster studiert und wurde an der Bucerius Law School zu einem verfassungsrechtlichen Thema promoviert. Nach seinem Referendariat in Hamburg arbeitete er zunächst als Rechtsanwalt, derzeit ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht tätig und außerdem Lehrbeauftragter der Bucerius Law School. Im Interview spricht er über die Herausforderungen der Themensuche, die Vorbereitung aufs Rigorosum und wie er es geschafft hat, während der Promotionszeit Aufsätze zu schreiben und zu veröffentlichen.

Zu welchem Thema hast Du promoviert?

Die Arbeit ist unter dem Titel „Ökonomische Instrumente und Ordnungsrecht: Verfassungsfragen angesichts des Ausstiegs aus der Kohleverstromung“ im Verlag Mohr Siebeck erschienen. Sie befasst sich mit unterschiedlichen, auf den sog. Kohleausstieg abzielenden Klimaschutzinstrumenten. Dabei geht es zunächst um den Rechtsrahmen des Kohleausstiegs und auch darum, ob und unter welchen Voraussetzungen eine gesetzlich angeordnete Schließung von Kraftwerken aus Klimaschutzgründen (insbesondere) verfassungskonform ist. Den eigentlichen Kern der Arbeit bildet dann aber der Vergleich dieser ordnungsrechtlichen Schließungsanordnungen mit alternativen Anreizinstrumenten, etwa einer CO2-Abgabe, welche Kohlekraft nicht verbietet, aber ökonomisch unrentabel macht. Aus dieser Gegenüberstellung verschiedener „Herangehensweisen“ versuche ich allgemeinere Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie derartige ökonomische Instrumente grundrechtlich einzuordnen sind, und ob bzw. wann sie in ihrer Wirkung mit klassischen Verboten gleichgesetzt werden können.

Wann begann und endete Deine Promotionsphase? Vor oder nach dem Referendariat?

Sie begann im Anschluss an mein Studium; abgegeben habe ich die Arbeit dann kurz vor Beginn meines Referendariats. Rigorosum und Veröffentlichung haben sich dann mit dem Referendariat überschnitten.

Wie lief Deine Promotion ab? Wann hast Du mit der Themensuche begonnen, wann hattest Du das Thema gefunden und festgelegt, wann hast Du Deine Schriftfassung final abgegeben, wann war die Disputatio/Rigorosum? Und welche wichtigen Zwischenschritte gab es dazwischen?

Ich bin unmittelbar nach dem Studium in Münster im März 2016 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Bucerius Law School gewechselt. Von da an begann formal meine Promotionsphase. Einen ersten Themenentwurf hatte ich schon nach einigen Monaten, wobei ich im Spätsommer 2016 noch einmal sehr grundsätzliche Änderungen an meiner Forschungsfrage vornahm.

Mitte 2017 wurde ich dann in die Promotionsförderung der Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen und konnte meine Arbeit am Lehrstuhl auf eine Viertelstelle reduzieren, das hat vieles beschleunigt. Eingereicht habe ich die Arbeit im Frühjahr 2019, im November 2019 fand das Rigorosum statt, mit dem die Promotionsphase offiziell endete. Veröffentlicht wurde die Arbeit dann im Sommer 2020.

Wie hast Du Deinen Doktorvater/Deine Doktormutter gefunden?

Ich habe schon während meines Studiums in Münster als studentische Hilfskraft an einem Lehrstuhl für Öffentliches Recht gearbeitet, wo ich insbesondere mit öffentlichem Wirtschaftsrecht in Kontakt kam, und wusste, dass ich gern ein Dissertationsvorhaben in dem Bereich angehen würde. Allerdings zog es mich nach der Zeit in Münster in eine andere, größere Stadt, und externes Promovieren kam damals für mich nicht in Frage. Deshalb habe ich die Augen nach ausgeschriebenen Stellen offengehalten, die auch vom thematischen Zuschnitt passten. Ich habe meinen Doktorvater, Prof. Fehling, persönlich dann auch erst im Rahmen des Bewerbungsgesprächs kennengelernt.

Wie bist Du auf Dein Thema gekommen? Wie sah die Ausgangsfassung Deines Themas aus und wie entwickelte es sich im Laufe der Promotion?

Ich hatte schon eine gewisse Vorfestlegung, weil klar war, dass ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl ein Projekt betreuen würde, das sich vor allem dem Energierecht widmete. Ferner lagen mir die Themen Klimaschutz im Allgemeinen und Energiewende im Speziellen schon damals am Herzen. Deshalb bot es sich für mich an, auch ein Dissertationsthema aus diesem Bereich zu wählen. Trotzdem fiel mir die Themensuche schwer, weil ich letztlich kaum eine Vorstellung davon hatte, wie man sich einem Thema nähert und daraus eine Forschungsfrage ableitet. Ich habe zunächst einfach mal in einschlägiger Literatur „quergelesen“, um mir darüber klar zu werden, was in der Wissenschaft gerade passiert. Ich habe nach einigen Monaten für mich zwar grob gewusst, mit welchem Thema ich mich befassen will, aber – das geht vermutlich vielen so – zunächst einen viel zu breiten Ansatz gewählt. Erst nach und nach gelang es mir, wirklich herauszuarbeiten, an welchen Stellen meine Arbeit das Potenzial haben könnte, wissenschaftlichen Neuigkeitswert zu bieten. Daran habe ich dann letztlich auch meine Forschungsfrage ausgerichtet.

Ich würde die Themensuche rückblickend wohl sogar als die schwerste Zeit des ganzen Vorhabens bezeichnen, weil man, noch ohne wissenschaftlich Erfahrung, doch sehr im sprichwörtlichen Trüben stochert. Allerdings halte ich es immer noch für die sinnvollste Herangehensweise, sich bei der Themensuche ausreichend Zeit zu lassen und gründlich zu durchdenken und auch konkret herauszuarbeiten, welche wissenschaftliche Frage man in der Arbeit eigentlich aufwerfen und beantworten will. Man wird sich mit ebendieser Frage noch lang genug befassen müssen.

Hast Du ein Exposé geschrieben? Wenn ja, was hat es Dir gebracht?

Ja, ich habe ein Exposé geschrieben. Mein Doktorvater legte darauf großen Wert. Zum Glück! Das Exposé half mir einerseits bei der Konkretisierung meines Themas, die einem wissenschaftlichen Anfänger wie mir naturgemäß sehr schwerfiel, und diente andererseits dann auch als „Richtschnur“ meiner Bearbeitung (obgleich die fertige Arbeit selbstverständlich noch nicht wirklich im Exposé vorgezeichnet ist). Ich glaube deshalb, dass es mir eher Zeit gespart als gekostet hat.

Darüber hinaus ist ein Exposé auch notwendig, um sich bei Stiftungen um eine Promotionsförderung zu bewerben. Da ich letztlich in das Promotionsförderprogramm der Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen wurde, hat es sich für mich auch in dieser Hinsicht ausgezahlt.

Was fiel Dir bei der Recherche besonders schwer? Wie hast Du Literatur und Notizen verwaltet und organisiert? Hast du irgendwelche Tipps?

Die Hauptschwierigkeit ist es wohl, angesichts der Vielzahl an verfügbaren Informationen einen Überblick zu behalten. Ich habe ein Zitierprogramm benutzt, in das ich alle benutzten Quellen einstellen konnte. Ich habe die Freeware Zotero genutzt, die ähnliche Funktionen bietet wie das bekanntere Citavi und für meine Zwecke völlig ausreichte. Dort konnte man die Quellen auch mit Notizen verbinden. Ich habe deshalb zumindest für die zentraleren Schriftstücke in eigenen Worten kleinere Exzerpte geschrieben, die mir dabei halfen, etwas einmal Gelesenes später wiederzufinden. Das, aber insbesondere die Nutzung eines Zitierprogramms an sich, würde ich weiterempfehlen.

Wie lief das Schreiben bei Dir ab? Hast Du von Anfang an geschrieben oder erst nach Abschluss der Recherche? Hast Du Tipps und Ratschläge zum Schreiben?

Ich gehöre zu den Menschen, die noch vor vollständigem Abschluss der Recherche drauflos schreiben und den Text dann immer wieder und wieder überarbeiten, bis er die gewünschte Form angenommen hat. Das führt dazu, dass man schnell viele Seiten füllt – was sicherlich im ersten Moment befriedigend ist -, aber eben auch dazu, dass die Anzahl der geschriebenen Seiten keinen Indikator für den Stand der Arbeit darstellt. Nicht selten habe ich ganze Abschnitte wieder gelöscht, weil sie sich bei weiter fortgeschrittener Recherche als unnötig oder gar falsch entpuppten. Da darf man bei einer solchen Herangehensweise nicht zu zimperlich sein.

Hier muss jede und jeder für sich herausfinden, welche Arbeitsweise passt. Andere fahren besser damit, wenn sie sich erst mit einer vollständigen Idee davon, wie der Text am Ende aussehen soll, an das Schreiben machen.

Welche Überarbeitungsschritte waren für Dich am Wichtigsten? Hattest Du Korrektur-Leser?

Nach Wichtigkeit lassen sich die Überarbeitungsschritte schlecht sortieren, weil alle ja letztlich notwendiger Bestandteil des Arbeitsprozesses waren. Überraschend fand ich damals aber, wie sehr sich die Arbeit durch den finalen Prozess des Kürzens verdichtet und in meinen Augen damit auch verbessert hat.

Die Arbeit wurde dann – in Kapitel unterteilt – von einer Reihe an Freundinnen und Freunden korrekturgelesen.

Wie hast Du Dich auf die Disputatio vorbereitet? Wie hast Du die Thesen ausgewählt? Wie verlief die Disputatio und die Diskussion?

Nach der Promotionsordnung meiner ehemaligen Fakultät ist ein Rigorosum vorgesehen, bei dem man einen wissenschaftlichen Fachvortrag hält, der eben in keinem Zusammenhang zu dem Thema der Dissertation steht. Ich habe das zum Anlass genommen, mich näher mit einer damals aktuellen Frage aus dem Polizeirecht, namentlich zur Kategorie der sogenannten drohenden Gefahr, auseinanderzusetzen. Die Vorbereitung war dann unspektakulär und unterschied sich nicht von der Vorbereitung auf sonstige akademische Fachvorträge: weitergehend einlesen, eigene Gedanken machen und diese vorstrukturieren, damit man sie ansprechend präsentieren kann. Ich habe auch einige wenige Powerpoint-Folien verwendet. Das Rigorosum selber hat dann großen Spaß gemacht, auch weil ich den Eindruck hatte, dass sich die Mitglieder der Prüfungskommission und das Auditorium ebenfalls für das von mir gewählte Thema interessierten.

Wie lange hat es von der Disputatio zur Veröffentlichung gedauert? Wie verlief der Veröffentlichungsprozess? Hast Du im Anschluss deine Dissertation vermarktet? Wie?

Das Rigorosum fand im November 2019 statt, die Arbeit wurde im Juli 2020 veröffentlicht. Die „Vermarktung“ hätte sicher intensiver ausfallen können; einen Begleitaufsatz habe ich aus Zeitgründen – ich befand mich damals in der Examensvorbereitung – nicht geschrieben. Immerhin habe ich damals Blogbeiträge veröffentlicht, die an das Thema der Dissertation anknüpften, und konnte seitdem auch in verschiedenen Publikationen meine Erkenntnisse aus der Arbeit aufgreifen.

Wie hast Du Dich motiviert, an der Stange zu bleiben? Was hat Dir in schweren Zeiten, bei Zweifeln etc. geholfen?

Wenn man eine Dissertation schreibt, dann wechseln sich außerordentlich produktive Phasen, in denen man in Riesenschritten vorankommt, mit Phasen ab, in denen man zumindest gefühlt keine Fortschritte macht, oder sogar Probleme hat, sich überhaupt auf das Thema einzulassen. Letzteres ist wahnsinnig frustrierend. Als ich nach einiger Zeit aber begriffen hatte, dass dieses Auf- und Ab einfach dazugehört, fiel es mir deutlich leichter, die Arbeit an schlechten Tagen einfach mal zur Seite zu legen und mich mit gutem Gewissen für eine Zeit anderen Dingen zu widmen. Erzwingen kann man es nicht. Umso produktiver war ich dann in der Regel, wenn ich nach einigen Tagen oder sogar Wochen mit einem frischen Blick und einem gewissen Abstand wieder auf meine Arbeit schaute.

Ich fand es auch hilfreich, immer mal wieder parallel zur Dissertation in andere Rechtsbereiche hineinzuschauen, die mich interessierten, und den ein oder anderen Aufsatz zu verfassen, der mit dieser in keinem unmittelbaren Zusammenhang stand. Dadurch gewinnt man nicht nur Abstand zur eigenen Arbeit, sondern man hat spätestens bei der Veröffentlichung des Aufsatzes auch das schöne Gefühl, ein Projekt final abgeschlossen zu haben. Ein Gefühl, das bei der Dissertation auf sich warten lässt. Hier bleiben wissenschaftliche Erfolgserlebnisse in der langen Phase bis zum Abschluss des Promotionsverfahrens in der Regel ja leider aus.

Wie hast du sichergestellt, dass die Aufsätze nicht zu viel Zeit von der Dissertation stehlen?

Ich habe hier aufgepasst, dass ich mich nur dann einem anderen Thema widmete, wenn ich wirklich das Gefühl hatte, bei der Dissertation in einer Sackgasse zu sein und nicht mehr weiter zu kommen. Dann habe ich immer mal ein oder zwei Wochen an etwas anderem gearbeitet, was mich interessierte, und das dann wiederum in die Schublade gelegt, wenn ich den Eindruck hatte, nun genügend Abstand zu meinem Dissertationstext gewonnen zu haben, um mich wieder unbefangen und mit frischen Gedanken daran setzen zu können. Die Dissertation ging also in aller Regel vor (außer natürlich, wenn man konkrete Abgabefristen für den anderen Text hatte). Das hatte natürlich auch den Nachteil, dass am Ende nicht alle von mir begonnenen Manuskripte auch wirklich fertiggeschrieben wurden. Einiges blieb dann einfach – bis heute – in besagter Schublade liegen.  

Hattest Du irgendein Forum für Austausch mit anderen Doktorand*innen? Eine Arbeitsgruppe?

Ich habe mich in der Frühphase der Dissertation oft mit einer Lehrstuhlkollegin zusammengesetzt, die sich in der gleichen Situation befand. Wir verglichen dann den Fortschritt der Arbeiten und setzten uns entsprechend Zwischenziele. Dazu kamen die seitens meines Doktorvaters veranstalteten Doktorierendenseminare und entsprechende Foren der Studienstiftung. Sehr hilfreich waren zum Ende meines Schreibprozesses stattfindenden „Schreibwerkstätten“, die wir mit Doktorierenden der Helmut-Schmidt-Universität und der Bucerius Law School organisierten. Hier trafen wir uns für einige Tage am Stück, um in einem Raum gemeinsam konzentriert an unseren Texten zu arbeiten. Das war nicht nur effizient, sondern auch aufbauend, weil es einem verdeutlichte, dass man mit seinen wissenschaftlichen Problemen nicht alleine dasteht, und führte auch zu sehr produktivem wissenschaftlichem Austausch nebst inhaltlichen Anregungen.

Wie hast du Deine Promotionsphase finanziert? Was waren die Vor- oder Nachteile?

Ich hatte zunächst eine halbe Stelle am Lehrstuhl. Das mag man als Nachteil empfinden, weil man während der Arbeitszeit nicht dazu kommt, an der Dissertation zu sitzen. Um wirklich in die Welt der Rechtswissenschaft einzutauchen, von der man als Studierender nur eine vage Ahnung hat, war es aber optimal. Ich habe es deshalb zu keinem Zeitpunkt als Malus wahrgenommen, mich nicht nur der Doktorarbeit, sondern auch als Teil eines Lehrstuhlteams der sonstigen Forschung widmen zu können. Mein wissenschaftlicher Horizont wäre ohne diese akademische Anbindung deutlich beschränkter geblieben.

Als ich dann in die Promotionsförderung der Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen wurde, was – neben erheblichen Vorteilen durch die ideelle Förderung – die weitere Finanzierung sicherstellte, war es für mich dann auch klar, dass ich zumindest mit einer Viertelstelle am Lehrstuhl bleiben wollte, um eben diese Anbindung und auch den direkten Draht zu meinem Doktorvater nicht zu verlieren. Zum Glück wurde mir diese Kombination aus Lehrstuhltätigkeit und Stipendium dann ermöglicht. Ich blieb an der Fakultät, bis ich die Arbeit eingereicht hatte.

Hast Du einen Forschungsaufenthalt oder Ähnliches gemacht? Wo? Und was hat es Dir gebracht?

Da ich mich in meiner Arbeit fast ausschließlich im nationalen öffentlichen Recht bewegte und allenfalls kürzere Ausflüge in das Recht der Europäischen Union unternahm, bot sich für mich kein Forschungsaufenthalt an.

Wenn Du Dir selbst früher oder heute anfangenden Doktorand*innen drei Tipps bzw. Ratschläge geben könntest – welche wären das?

Verallgemeinerungsfähige Ratschläge sind immer ein bisschen schwierig, weil natürlich jeder Promotionsprozess unterschiedlich läuft und es nicht den einen Weg gibt, der ans Ziel führt. Ein höchst subjektiver Versuch:

  • Eine sauber konturierte Forschungsfrage, bei der Du Dir klar machst, welchen wissenschaftlichen Neuigkeitswert Deine Arbeit haben soll, ist unerlässlich. Eine Dissertation ist schließlich kein Lehrbuch, in der man alles an vorhandenem Wissen komprimiert, was sich zu einem Oberthema findet, sondern richtet sich am eigenen Erkenntnisinteresse aus. Bei der Ausarbeitung dieses Erkenntnisinteresses und damit des konkreten Themas gilt es daher nicht zu verzweifeln, wenn man das Gefühl hat, monatelang auf der Stelle zu treten. Die anfangs investierte Zeit zahlt sich später im Bearbeitungsprozess aus, wenn man recht klar vor Augen hat, welche Ausführungen in die Arbeit gehören und welche nicht.
  • Stockende Phasen, in denen man überhaupt nicht vorankommt, gehören genauso dazu, wie wahnsinnig produktive Abschnitte. Der Arbeitsfortschritt stellt sich nicht linear dar. Hüte Dich davor, in Phasen außerordentlicher Produktivität zu optimistische Zeitpläne aufzustellen („Von jetzt an jeden Tag drei Seiten.“). Das führt nur zu Frust, wenn man zu Beginn des nächsten Kapitels wieder länger vor einem leeren Blatt sitzen muss. Gleichzeitig gibt es keinen Grund zu verzweifeln, wenn es einmal stockt.
  • Am wichtigsten: Eine Dissertation sollte Spaß machen. Das macht sie jedenfalls dann, wenn man ein Thema findet, das einem am Herzen liegt, und wenn man sich vor Augen führt, was für ein Privileg es bedeutet, dass man selbst entscheiden kann, wie man sich mit diesem Thema auseinandersetzt. Es gibt wohl kaum etwas Erfüllenderes, als die Möglichkeit, sich tagtäglich intensiv und vor allem eigenständig mit etwas zu beschäftigen, für das man sich begeistern kann. Das gilt umso mehr, wenn man sich dabei in einem akademischen Umfeld bewegt, das die Freude an der Rechtswissenschaft teilt. Auch wenn Tiefpunkte und Frust dazugehören: Sei dir bewusst, dass Du vermutlich gerade einen Lebensabschnitt durchläufst, auf den Du in einigen Jahren mit großer Dankbarkeit und ein bisschen Wehmut zurückschauen wirst.

Was hat Dir der Doktortitel und/oder die Promotionsphase als solche persönlich und beruflich gebracht? Was hast du in der Zeit neben dem Fachlichen gelernt? Inwiefern profitierst Du heute noch davon? Würdest Du Dich wieder für eine Promotion entscheiden? Was würdest Du wieder so machen, was ändern?

Die Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, ist für meinen aktuellen Beruf als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht unerlässlich; auch ein Überblick über den Wissenschaftsbetrieb ist dabei für mich hilfreich. Da hat mir der Promotionsprozess sicherlich sehr geholfen. Ferner bin ich deutlich sensibler geworden, was sprachlichen Ausdruck angeht; mein Schreiben hat sich nach meiner Wahrnehmung insgesamt deutlich verbessert. Im Allgemeinen habe ich über mich gelernt, dass ich in der Lage bin, große Projekte strukturiert anzugehen und letztlich auch erfolgreich abzuschließen. Das macht mich immer noch stolz und ist ein schönes Gefühl, das sich immer dann einstellt, wenn man das eigene Buch im Regal stehen sieht.

Ich würde die Promotion immer wieder angehen und im Großen und Ganzen nicht vieles anders machen. Ich würde aber verstärkt darauf achten, dass ich mich mitunter etwas weniger stresse und etwas mehr wertschätze, was für ein Privileg diese Lebensphase und die damit verbundene akademische und persönliche Freiheit ist.