Hast Du einen Forschungsaufenthalt oder Ähnliches gemacht? Wo? Und was hat es Dir gebracht?
Anton Geier: Einen Forschungsaufenthalt in den USA nebst LL.M.-Studium hatte ich wegen des rechtsvergleichenden Bezugs meiner Promotion erwogen aber dann verworfen. Ich hatte die Literatur und die Datenbankzugänge, die ich für die Promotion brauchte. Außerdem hatte ich auch schon einen ausländischen Abschluss erworben, sodass die zeitliche und finanzielle Investition in einen US-amerikanischen LL.M. für mich nicht sinnvoll erschien.
Susanne Gössl: Ich war in den USA, in New Orleans (Tulane University School of Law) und habe dort einen LL.M. gemacht. Mit dem Hauptteil der Dissertation habe ich erst im Anschluss angefangen, aber ich hatte bereits mein Thema und habe es gedanklich immer bei mir getragen. Es hat mir persönlich sehr geholfen, mich vom deutschen Rechtsdenken zu lösen, sowohl im Zivilrecht als auch im Kollisionsrecht. Gerade Fragen des Immaterialgüterrechts werden in den USA ganz anders gedacht und diese waren zentral für meine Arbeit.
Fachlich hat mir der Aufenthalt auch den Blick geöffnet, vor allem auf die reiche IPR-Diskussion, die in den USA mit ganz anderem Blickwinkel geführt wird und die in Deutschland meist etwas verächtlich abgetan wird, was sie aber nicht verdient. Das fließt in meine Arbeit nicht direkt ein, aber ich glaube, es führt dazu, dass ich einen kritischeren Blick auf einige Grundannehmen des deutschen und europäischen IPR gewonnen habe. Und ein kritischer Blick ist wahrscheinlich immer hilfreich.
Außerdem hatte ich damals die Freiheit gefunden, über mich selbst und meine Wünsche nachzudenken, weil ich nicht in meinem üblichen sozialen Leben eingebunden war. Das war sehr hilfreich, um mir über vieles klarer zu werden (der Prozess ist noch nicht abgeschlossen, aber wahrscheinlich ist es das auch nie). New Orleans war vier Jahre vorher von „Katrina“ stark zerstört worden und während meines Aufenthalts geschah der Deepwater Horizon Oil Spill im Golf von Mexiko. In einer solchen Stadt zu leben und die Lebensfreude der Menschen zu spüren (insbesondere, als die Saints den Super Bowl gewannen – bis heute zum einzigen Mal) und zugleich auch ihre Frustration mit der Regierung in D.C. und ihrem Katastrophenmanagement war extrem prägend. Meine Prioritäten und Wertigkeit haben sich seitdem stark verschoben. Im Anschluss habe ich in Boulder, Colorado, in einer NGO gearbeitet und das war ein krasser Perspektivenwechsel, Boulder war bereits damals eine der ersten reichen Hipster-Städte und der Kulturschock zwischen Louisiana und Colorado für mich enorm. Ich habe seitdem auch eine ganz andere Perspektive auf die USA, aber auch auf Europa, insbesondere die EU, und auf die Politik.
Nadja Harraschain: Ich habe einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt an der Columbia Law School in New York absolviert. Er hat mir dahingehend sehr viel gebracht, dass ich meine Kenntnisse im Schiedsverfahrensrecht und im amerikanischen Prozessrecht erweitern konnte, viele spannende Menschen kennen gelernt habe und den Aufenthalt und meine damit verbundenen Reisen sehr genossen habe.
In meiner Doktorarbeit hat sich davon allerdings nur wenig niedergeschlagen, da ich im Nachhinein den Fokus meiner Doktorarbeit so verschoben habe, dass der rechtsvergleichende Teil zum amerikanischen Recht keinen Eingang mehr in die verschriftliche Fassung gefunden hat. Für meinen weiteren Werdegang hat sich der Aufenthalt trotzdem gelohnt.
Verena Roder-Hießerich: Ich habe keinen Forschungsaufenthalt gemacht. Allerdings hatte ich die Möglichkeit, das Thema Urheberrecht den Studierenden an der Universität in Warschau näher zu bringen. Das war sehr schön, da Studierende und Betreuer sehr nett waren und man einen Einblick in die Rechtskultur und politische Strömungen in Polen gewinnen konnte.
Andreas Krebs: Kein Forschungsaufenthalt im engeren Sinne. Allerdings habe ich während mein LL.M-Studiums in Schottland teilweise auch dort in den Bibliotheken recherchiert und auch meine Masterarbeit zum Themenkreis meiner Doktorarbeit verfasst. – Ein Probelauf sozusagen!
Rick Sprotte: Wie bereits angesprochen war ich für mehrere Monate am Max-Planck-Institut Luxemburg für Internationales, Europäisches und Regulatorisches Verfahrensrecht. Die Atmosphäre am Institut sowie die engagierte und doch kollegiale Arbeitsweise waren überaus inspirierend. Die Möglichkeiten rechtsvergleichende Forschung zu betreiben waren optimal und die Möglichkeiten des Austauschs vielfältig. In dieser Phase entstand ein Hauptteil meiner Arbeit. Auch hatte ich die Gelegenheit meine Arbeit den Institutsangehörigen sowie weiteren Gästen wie mir vorzustellen und meine Grundannahmen vor einem vielfältigen Fachpublikum zu verteidigen. Eine überaus wichtige Erfahrung.
Bianca von Dr-Jur.net: Ich habe einen mehrmonatigen Aufenthalt am Max Planck Institut in Luxemburg verbracht. Zum einen hatte ich dort besseren Zugriff auf insbesondere ausländische Literatur. Zum anderen hatte ich dort die Möglichkeit, mich mit vielen anderen jungen Wissenschaftler*innen auszutauschen, sowohl fachlich als auch bezogen auf den Arbeitsprozess. Die gesamte Atmosphäre dort war sehr motivierend und inspirierend.
Hier geht es zur nächsten Frage: Wenn Du Dir selbst früher oder heute anfangenden Doktorand*innen drei Tipps bzw. Ratschläge geben könntest – welche wären das?