Wenn die Entscheidung, zu promovieren, einmal gefallen ist, stellt sich für Viele die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt. Die Antwort lautet wie so oft bei uns Juristen: es kommt darauf an. Worauf? Auf die Betreuungsmöglichkeiten, auf die Bewerbungsfristen beim Referendariat, vor allem aber auf die eigenen Ziele, Pläne und Präferenzen. Es bleibt letztlich jeder*m selbst überlassen, wie die einzelnen Punkte zu gewichten sind.
Gründe für eine Promotion vor dem Referendariat: | Gründe für eine Promotion nach dem Referendariat: |
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Disziplin durch Endtermin: Es kann motivierend und disziplinierend sein, noch zwei Jahre Ausbildungszeit vor sich zu haben. Manche laufen weniger Gefahr, zu trödeln, wenn sie wissen, dass sie nach der Promotion noch nicht in den Job starten können. Wenn man sich in einem OLG-Bezirk mit langen Wartefristen bewirbt, kann es in der Endphase der Promotion nochmal die Produktivität steigern, wenn der avisierte Starttermin näher rückt. Verschätzt man sich mit der Zeit bis zum Referendariatsbeginn, kann man diesen in der Regel noch verschieben, man verliert also nichts. | erst die Pflicht, dann die Kür: Für andere ist es deprimierend zu wissen, dass sie das Referendariat noch vor sich haben. Der Gedanke, noch immer nicht fertig zu sein, quält sie. Das kann auch dazu führen, dass sie mit einer halbfertigen Dissertation ins Referendariat starten und sie schlimmstenfalls nie beenden. Dann lieber erst das Referendariat. |
Nähe zum Studium nutzen: Viele Doktoranden finden eine*n Betreuer*in, indem sie eine*n Professor*in aus einem Seminar oder einer Vorlesung ansprechen. Und auch wenn das Studium tatsächlich weit weniger wissenschaftlich gestaltet ist, als viele es gerne hätten, ist man im Studium insgesamt doch noch näher an der Wissenschaft als im Referendariat. | Themenfindung: Das Referendariat kann inspirierend sein für ein gutes und innovatives Thema. Gerade wenn man es für sich als wichtig empfindet, praxisnah zu promovieren, kann die praktische Ausbildung Ideen für gute Themen liefern. Und unabhängig vom Thema kann das Wissen über die praktische Durchsetzung einen anderen Blickwinkel schaffen. |
Lern-“Pause”: Für Viele ist es nicht gerade verlockend, nach dem ersten Staatsexamen direkt weiter zu machen mit dem Lernen auf eine wichtige Prüfung. Die Promotion kann da eine willkommene Abwechslung sein. Allerdings sollte man sich die Promotionszeit nicht zu entspannt vorstellen, eine echte Pause ist es nicht. | kein Vergessen von examensrelevantem Stoff: Manche behaupten, das zweite Staatsexamen würde eins zu eins den Stoff aus dem ersten Staatsexamen abfragen Plus das Prozessrecht. Ganz stimmt das so nicht, aber Fakt ist, dass viele Basics und teilweise auch Detailwissen im zweiten Staatsexamen wieder gebraucht werden. Wenn man zuerst promoviert, läuft man Gefahr, diesen Stoff zumindest teilweise zu vergessen und dann mühsam noch einmal lernen zu müssen. |
Wartezeit überbrücken: in manchen OLG-Bezirken muss man mehrere Monate auf eine Stelle als Referendar*in warten. Bewirbt man sich direkt nach dem Ersten Staatsexamen hat man dann fast unweigerlich ein paar Monate Leerlauf. Mit der Promotion kann man direkt beginnen und die Wartezeit so überbrücken. Aber Achtung: eine Promotion dauert fast immer länger als die paar Monate, die man auf einen Platz wartet. Diese Strategie lohnt sich also nur, wenn man ohnehin promovieren möchte. | Der finanzielle Vergleich: Bekanntlich verdient man während der Promotion nicht besonders gut. Jedenfalls nicht, wenn man sich mit seinen ehemaligen Ref-AG-Kollegen vergleicht, die schon in Großkanzleien arbeiten. Dieser demotivierende Effekt ist vermutlich stärker, wenn man erst nach dem Referendariat promoviert, weil man dann jederzeit die Möglichkeit hätte, auch mehr zu verdienen. Eine Promotion neben einer Tätigkeit als Volljurist ist mehr als schwierig. Viele Promotionen, die neben einer Vollzeitstelle begonnen werden, werden nie beendet. |
Übergang in die Praxis: Fast am Ende des Referendariats steht die Anwaltsstation. Häufig kann man in der Kanzlei, in der man das Referendariat absolviert, direkt auch als Anwalt oder Anwältin einsteigen. Generell ist man während des Referendariats nah dran an der Praxis – diese Nähe verliert man, wenn man erst dann die Promotion dazwischen schiebt. | Übergang in die Wissenschaft: Wenn man direkt nach der Promotion habilitiert, ist das ein sanfter Übergang. Viele nutzen das auch, indem sie die Promotionszeit etwas strecken, mehr Aufsätze schreiben oder sich schon viel mehr an wissenschaftlichen (Nachwuchs-)Tagungen beteiligen, wofür sie vor dem Referendariat vielleicht noch nicht die Muße gehabt hätten und der Wunsch, in die Wissenschaft zu gehen, vielleicht noch nicht so klar war. |
All diese Argumente sollten gegeneinander abgewogen werden. Dazu muss man ehrlich mit sich sein und sich selbst gut kennen. Es gibt keine richtige und falsche Antwort – das sollte man sich immer wieder vor Augen führen.
Falls man sich nicht entscheiden kann, kann es auch eine gute Strategie sein, beim präferierten Betreuer oder der präferierten Betreuerin nachzufragen, ob derzeit überhaupt ausreichende Kapazitäten da sind. Ist das nicht der Fall, kann man sich verabreden, die Promotion nach dem Referendariat zu machen. Dann hat man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen – man hat relativ sicher einen Promotionsplatz und die Entscheidung ist auch gefallen.
Ich persönlich bin sehr zufrieden damit, direkt nach dem Studium mit der Promotion begonnen zu haben – und das, obwohl ich eine Karriere in der Wissenschaft anstrebe. Für mich war es gut, nach dem ersten Examen erst einmal etwas anderes zu machen. Ein entscheidender Punkt für mich war auch, dass ich schnell einen Doktorvater gefunden habe, mein Zweitstudium noch beenden und einige andere Projekte an der Uni weiterführen konnte, was anders herum so sicher nicht möglich gewesen wäre.
Wie habt ihr euch entschieden? Was waren die Gründe dafür?