Ein ganz wichtiges Thema bei der Form von Heimarbeit, die wir momentan praktizieren (müssen), ist die physische und psychische Gesundheit, über die meines Erachtens auch viel zu wenig gesprochen wird.
Für die physische Gesundheit ist – wie eigentlich immer, wenn man überwiegend am Schreibtisch arbeitet – Bewegung ein großes Thema, noch mehr als sonst. Dabei geht es nicht unbedingt um Sport im engeren Sinne, sondern einfach darum, nicht den ganzen Tag zu sitzen. Denn wenn wir von zuhause aus arbeiten, laufen wir morgens nicht zum Bus oder fahren mit dem Rad zur Arbeit. Selbst wenn wir normalerweise das Auto nehmen, fällt der kurze Weg in die Garage und vom Parkplatz bis zum Schreibtisch weg. In der Mittagspause laufen wir nicht mit den Kolleg*innen bis zur Mensa und für den Kaffee nur ins Zimmer nebenan statt einen ganzen Flur entlang.
In Heimarbeit gibt es ein paar Tipps und Tricks, wie man ebenfalls etwas Bewegung einbauen kann. Eine Möglichkeit ist ein höhenverstellbarer Schreibtisch oder ein entsprechender Aufsatz (siehe Teil 1 dieser Reihe). Denn schon Stehen ist eine Abwechslung und beansprucht mehr und andere Muskeln. Generell ist es für die physische Gesundheit wichtig, sich einen guten, möglichst ergonomischen Arbeitsplatz einzurichten. Eine andere Möglichkeit, etwas Bewegung zwischendurch einzubauen, ist, sich die Kaffee- oder Tee-Kanne in die Küche zu stellen, damit man immer aufstehen muss, um sich Nachschub zu holen.
Ein regelrechtes Comeback haben in den vergangenen Monaten auch Spaziergänge erlebt. Manche drehen direkt morgens noch vor der Arbeit eine kleine Runde, ich persönlich nutze häufig die Mittagspause dafür – das hat gleich vier positive Effekte: man bewegt sich, tankt etwas frische Luft, hat etwas Abwechslung in der Umgebung und die Exposition zu Sonnenlicht kann das Einschlafen erleichtern und die Schlafqualität verbessern.
Hilfreich sind auch 3-5 minütige Bewegungspausen zwischendurch. Das können die klassischen “Büroübungen” sein, für die es hunderte Anleitungen im Internet gibt, oder ein paar Yogaübungen, Hampelmänner, Burpees, Liegestütze… der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wer zugleich noch die Laune heben möchte, kann auch nur sein*ihr Lieblingslied anmachen und eine Runde tanzen – Hauptsache, man bewegt sich. (Und wer nicht einfach so tanzen mag, kann sich ein Youtube-Video suchen, ich bekomme zB von diesem immer gute Laune.)
Wie wichtig soziale Kontakte für das Wohlbefinden sind, haben wir in den letzten Monaten alle noch einmal neu und anders verstanden. Auch in normalen Zeiten besteht als Doktorand*in die Gefahr, zum*zur Einzelkämpfer*in zu werden. Wenn dann aber die Arbeit am Lehrstuhl oder in der Kanzlei auch noch zu Hause stattfindet und damit ein Großteil der sozialen Alltags-Kontakte wegfallen, kann das ein echtes Problem für die psychische Gesundheit sein. Kontakt mit Freund*innen oder der Familie kann das auch nicht ganz aufwiegen, denn es ist auch wichtig, sich bei dem, das uns den ganzen Tag beschäftigt, mit anderen Menschen verbunden zu fühlen. Hinzu kommt noch, dass man im informalen Austausch mit Kolleg*innen oft mehr erfährt und lernt, als einem bewusst wird.
Es gibt viele Möglichkeiten, dem entgegen zu wirken. Am Lehrstuhl meines Doktorvaters wurde sehr schnell die übliche wöchentliche Besprechung (liebevoll “Kaffeerunde” genannt) auf eine virtuelle Plattform verlegt. Solche Runden müssen auch nicht den gesamten Lehrstuhl betreffen, sondern könnte zum Beispiel nur ein Austausch der dort beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitenden sein. Eine andere Möglichkeit sind Doktorand*innen-Treffs, die sich ebenfalls wunderbar per Skype, Zoom, Teams, Discord etc. durchführen lassen.
Zudem sollte man sich nicht scheuen, die betreuende Person um ein Telefonat zu bitten, um über die Dissertation zu sprechen. Die Scheu, einfach mal anzurufen, ist jedenfalls bei mir eher größer geworden, seit man die andere Person in der Regel zu Hause antrifft und nicht weiß, ob gerade die Kinder quängeln oder man die einzige ruhige Minute zerstört. Auch für ein Telefonat kann man aber einen Termin ausmachen oder man bittet die betreuende Person, einen zu einem passenden Zeitpunkt anzurufen.
Neben diesen eher arbeitsbezogenen Kontakten kann man die Heimarbeit aber auch wunderbar nutzen, um private Kontakte in den Arbeitsalltag zu integrieren und sich zum Beispiel mit Freund*innen für ein virtuelles Mittagessen oder eine virtuelle Kaffeepause zu verabreden. Mein persönlicher Favorit momentan sind Spaziergang-Telefonate in der Mittagspause, weil ich dann die vier oben genannten Vorteile noch mit sozialer Interaktion ergänzen kann.
Neben diesen Punkten ist es ganz besonders wichtig, sich auch im Home Office nicht zu überfordern – darum ging es schon im letzten Beitrag. Nur, weil viele von uns theoretisch mehr Zeit zur Verfügung haben, weil Fahrtzeiten und andere Termine wegfallen, heißt das nicht, dass wir mehr Arbeit schaffen müssen. Es ist sehr wichtig, eigene Grenzen zu erkennen und zu beachten. Und dabei sollte man auch berücksichtigen, wie belastend die Pandemie und die damit verknüpften Sorgen und Unsicherheiten sind. Es ist vollkommen okay, früher Feierabend zu machen, wenn man nicht mehr kann, auch wenn man abends nicht mehr vorhat, als auf der Couch zu sitzen. Den Wunsch “Bleiben Sie gesund”, den man in letzter Zeit so viel hört, sollte man nicht nur im Hinblick auf Corona beachten, sondern auch und gerade hinsichtlich der psychischen Gesundheit.
Was sind eure liebsten Tricks und Tipps, um im Home Office gesund zu bleiben?