Wie hast Du Dich motiviert, an der Stange zu bleiben? Was hat Dir in schweren Zeiten, bei Zweifeln etc. geholfen?
Janett Bachmann: Ich habe nie an der Promotion gezweifelt. Wenn ich einfach zu fertig von allem war, habe ich versucht, mich auf die Zeit „danach“ zu freuen. Unmittelbar nach der Verteidigung stand die Wahlstation im Ausland an. Am Tag meiner Verteidigung waren meine Familie und Freunde vor Ort. Meine ganze Familie und viele Freunde haben sich meine komplette(!) Verteidigung „angetan“. Das hat mich unmittelbar vor der Prüfung noch einmal sehr motiviert. Meine Eltern organisierten für den Anschluss einen kleinen Empfang in meinem alten Lieblingscafé. Auch die Professoren waren dabei. Bereits eine Stunde nach der Verteidigung war irgendwie alles vergessen.
Während des Schreibens waren es ebenfalls Familie und Freunde, die mich immer wieder ablenkten, wenn ich es brauchte. Dann fand man auch wieder die Motivation, am Sonntag in die Uni zu gehen.
Felix Berner: Erstens hat mir meine Pausenregelung geholfen.
Soweit es möglich ist, würde ich Urlaube/Erholungsphasen so spontan wie möglich halten und nach Abschluss eines Abschnitts oder nach Erreichen eines bestimmten Ziels einsetzen. Das können dann auch durchaus kurze Erholungsphasen sein, beispielsweise einen (Wochen-)Tag oder ein paar Tage nicht zu arbeiten. Für mich hat sich das sehr gelohnt. Ich hatte stets etwas, auf das ich mich freuen konnte, wenn ich einen weiteren (Teil-)Abschnitt fertiggestellt hatte. Zudem bekommt man durch die freie Zeit den Kopf frei, um mit einem frischen Blick den zuvor erstellten Text zu überarbeiten und zu verbessern.
Allgemein würde ich raten, die Freiheit der Promotionszeit zu nutzen und zu arbeiten, wenn man produktiv ist. Ich würde jeden Tag als Arbeitstag definieren (auch die Wochenenden), und am Wochenende arbeiten, soweit man Zeit hat und keine privaten Termine entgegenstehen. Das bedeutet nicht, dass man keine Pausen oder freie Tage machen sollte. Man sollte die Pausen nur so legen, dass man sie hat, wenn man sie braucht. Beispielsweise waren bei mir sehr oft die Dienstag Nachmittage völlig unproduktiv, weshalb ich irgendwann dazu übergegangen bin, nicht selten am Dienstag nach dem Mittagessen nach Hause zu gehen.
Zweitens helfen natürlich die üblichen Dinge, insbesondere Sport und Reden mit Freunden. Zuletzt sollte man sich daran erinnern, dass es sich um eine schöne, weil sehr freie Zeit handelt.
Christopher Czimek: Inhaltlich waren es zwei Dinge, die für den Kopf gut waren: Zu Beginn des Schreibens kamen täglich viele Seiten Fließtext hinzu. Das sichtbare Wachsen der Arbeit motivierte mich unheimlich. Später motivierte dann insbesondere das Abschließen von Kapiteln.
Auch bei mir gab es Aufs und Abs. Ein großes Motivationsloch in dem Sinne habe ich jedoch nicht erleben müssen. In den Abs hat mir insbesondere meine damalige Freundin und jetzige Frau Regina Unterstützung und Halt gegeben.
Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich mir insgesamt Rahmenbedingungen geschaffen habe, die einem Motivationsloch präventiv entgegengewirkt haben.
- So habe ich gemeinsam mit einer Freundin und Kollegin vom Lehrstuhl mein Dissertationsvorhaben begonnen und wir haben gerade zu Beginn viele Dinge parallel gemacht. Ohne dass zwischen uns eine Rivalität im eigentlichen Sinne bestand, hat diese Situation geholfen. Wir haben uns stets über unsere Fortschritte ausgetauscht. Da wollte ich mir natürlich keine Blöße geben. Auch im Übrigen war die Situation am Lehrstuhl ideal, da dort viele andere Doktoranden rumliefen.
- Nachdem der Lehrstuhl meines Doktorvaters aufgrund seiner Emeritierung schließen musste, habe ich mir eine neue Anstellung an einem Strafrechtslehrstuhl der HHU Düsseldorf gesucht. Auch dies hat noch einmal neue Motivation gegeben, denn selbstverständlich war auch dort unter den Kollegen das Promotionsvorhaben stets Thema.
- Ich hatte das Glück ein Promotionsstipendium der Konrad Adenauer Stiftung gewährt zu bekommen. Dies beinhaltet neben der finanziellen Förderung auch eine umfassende ideelle Förderung etwa durch Seminare. Auf solchen Seminaren war man dann nicht selten ausschließlich mit Doktoranden auch aus anderen Fachrichtungen zusammen. Dies hat mich auch noch einmal motiviert und meinen Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand schweifen lassen. Ohne diesen Austausch hätte ich vermutlich zu oft die Scheuklappen aufgehabt. Wenn man nur in seiner eigenen Suppe schwimmt, führt dies irgendwann automatisch zu Zweifeln und Motivationslöchern. Der Austausch mit Doktoranden aus anderen Fachrichtungen hilft, das Große Ganze im Blick zu halten und zugleich die Motivation hochzuhalten.
- Unabhängig von dem konkreten Promotionsvorhaben genieße ich es, Zeit auch mit Menschen zu verbringen, die keine Juristen sind. So bin ich insbesondere bei meinen Hobbies Feuerwehr, Schützenverein und Kegeln – je nach Ohr des Betrachters klingen diese antiquiert, spießig oder bedienen das Vorurteil des Dorfes. Ich kann jedoch versichern, alle erwähnten Freizeitbetätigungen machen großen Spaß – ich bin meist der einzige Rechtswissenschaftler in der Runde. Die dortigen Treffen haben mir immer geholfen, die Welt nicht nur durch die akademische Brille der Rechtswissenschaft zu sehen und gedanklich einfach mal von dem Thema abzuschalten!
- Zum Ende der Arbeit hat mir dann die Erwartung der Geburt eines Kindes die Motivation gegeben, die Arbeit zu einem zeitnahen Abschluss zu bringen.
Anna Maria Ernst: Mir haben kleine Auszeiten zwischendurch geholfen am Ball zu bleiben. Zudem habe ich die Gespräche mit meinen Kollegen am Lehrstuhl und auch mit anderen befreundeten Doktoranden als bereichernd und motivierend empfunden.
Anton Geier: Ausgangspunkt ist eine gewisse Leidenschaft, die man für sein Thema zumindest am Anfang haben muss. Wenn man das Thema am Anfang nur „ok“ findet, stehen die Chancen gut, dass man es am Ende hassen wird.
Das besondere an der Promotion ist, dass die Verfasserinnen oder Verfasser erstens ihre eigene Aufgabe definieren müssen, indem sie entscheiden, worüber sie schreiben und vor allem worüber nicht, und zweitens keine harte Abgabefrist haben, die ihnen den nötigen Druck von außen vermittelt. Auch Menschen, die üblicherweise kein Problem bei längeren Texten, wie Hausarbeiten hatten, können bei der Promotion erstaunlich viele Gründe finden, wieso zunächst noch das eine oder andere gelernt werden oder erledigt werden muss, bevor man guten Gewissens schreiben kann. Das betrifft nicht nur promotionsnahe Erwägungen, wie die Vorstellung, man müsse noch bestimmte Mengen an Literatur durchgearbeitet haben, um qualifiziert über etwas schreiben zu können. Es gibt viele Versuchungen, mit anderen – absolut sinnvollen – Dingen seine Zeit zu verbringen, um den Kopf danach vermeintlich frei zu haben, für die Promotion: die Arbeit am Lehrstuhl, in der Kanzlei (oder in einem Nebenjob, wie in der Gastronomie) oder auch nur zu Hause aufräumen. Wir sind alle sehr gut darin, uns selbst vom Schreiben abzuhalten. Hier muss man sich immer wieder selbst kritisch hinterfragen.
Für mich war es durchaus wichtig und hilfreich, neben der Promotion auch immer wieder intensiv andere Aktivitäten zu verfolgen und die Dissertation dafür eine Zeit lang komplett ruhen zu lassen. Zum Beispiel habe ich ein Moot Court Team betreut und war jedes Jahr für einige Wochen als Gastdozent in Frankreich tätig. Das hat mir persönlich und fachlich viel gebracht, wenn auch nicht für die Promotion. Aber danach war ich ein glücklicherer Mensch und konnte mit neuer Kraft zurück an die Arbeit. Vor dem Abdriften bewahrt hat mich ein klarer Zeithorizont dieser Aktivitäten außerhalb der Promotion und die bewusste Entscheidung diese Zeit ohne Schreiben und die Zeit danach wieder mit Schreiben zu verbringen.
Susanne Gössl: Richtige Durststrecken hatte ich nie. Ich fand mein Thema spannend und wollte dazu schreiben. Ich war zugleich in einem tollen Lehrstuhlteam eingebunden und wir haben viel über gänzlich andere Themen gesprochen. Das hat vielleicht dazu geführt, dass ich nie völlig in meinem Thema „versackt“ bin. Außerdem war mein Sozialleben ziemlich voll. Ich war gerade aus den USA zurückgekommen und hatte daher in meinem Freundeskreis viel aufzuholen. Außerdem hatte ich mich selbst fortentwickelt und das führte dazu, dass ich viele neue Dinge ausprobierte und auch neue Freundschaften schloss. Die regelmäßigen Treffen mit meinem Doktorvater waren wahrscheinlich auch hilfreich, da ich immer wieder viel fachliches und konstruktives Feedback bekam, um motiviert weiterzumachen. Im Nachhinein würde ich sagen, dass es wahrscheinlich diese Mischung aus viel Ablenkung aber zugleich dem selbstgesetzten Druck, regelmäßig Ergebnisse zu liefern, ganz sinnvoll war. Und die Motivation, das Thema zu erarbeiten und meine Kenntnisse im Kollisionsrecht weiter auszubauen, hat bis heute nicht nachgelassen.
Scarlett Jansen: Unterstützt haben mich immer meine Familie, insbesondere mein Mann und natürlich mein Doktorvater. Bei Zweifeln im Inhaltlichen bin ich mehrmals zu ihm gegangen und habe um Rat gefragt.
Andreas Krebs: Erstens meine Lebensgefährtin und meine Familie. Die Unterstützung kann man nicht hoch genug einschätzen. Wichtig war es letztlich aber auch die Arbeit zwischendurch einfach wegzulegen. Es kam durchaus vor, dass ich mehrere Wochen nicht daran gearbeitet habe. Am Ende ist es aber so, dass man sich nur selbst motivieren kann. Das war eine sehr interessante Erfahrung, die ich, schaue ich einmal zurück, nicht missen möchte.
Verena Roder-Hießerich: Meine Lehrstuhlkolleginnen und Kollegen sowie das private Doktorandenseminar haben sehr geholfen, etwaige schwierige Phasen zu überwinden. Auch meine Familie hat mich immer unterstützt.
Anne Sanders: Meine Zweifel bezogen sich immer nur darauf, dass ich dem Thema nicht gewachsen sein könnte. Hier hat mir mein Partner sehr geholfen, der immer an mich und die Arbeit geglaubt hat. Ich wusste auch, dass meine Doktormutter glaubt, dass ich das schaffe. Schließlich haben mir auch die Veröffentlichungen Auftrieb gegeben. Hier muss man aber aufpassen, dass man nicht zu viel Zeit mit kurzfristigen Projekten verbringt, die Spaß machen, während der große Berg Diss liegen bleibt. Mir hat auch geholfen, dass ich mir einen Termin gesetzt habe, wann ich ins Ausland gehen wollte. Bis dahin musste die Sache halt fertig sein. Ähnlich wie beim Examen kann ein solcher Termin erstaunliche Kräfte mobilisieren.
Bei der Habil war es dann ähnlich: Die Arbeit musste einfach fertig werden und da blieb keine Zeit für Zweifel. Einmal habe ich in dieser Zeit vor lauter Stress eine Tasse absichtlich kaputt geschmissen. Das war herrlich befreiend! Das empfehle ich nicht mit gutem Geschirr, aber manchmal ist es besser, Aggression nach außen zu richten (bitte nicht gegen andere Menschen!) als gegen sich selbst.
Wenn man aber gegen Ende der Arbeit praktisch rund um die Uhr arbeitet und es so richtig aus einem „herausfließt“ dann sollte man diesen Flow auch genießen. Es ist das Schönste, was die Wissenschaft zu bieten hat.
Schlaf und Sport sind auch wichtig und machen übrigens (wissenschaftlich nachgewiesen!) kreativer, intelligenter und weniger gestresst. Also nicht an Sport und Schlaf sparen!
Mareike Schmidt: Insgesamt zentral waren sicherlich das unerschütterliche Vertrauen meiner Doktormutter und die Unterstützung, ständige Gesprächsbereitschaft und Ermutigung meiner Kolleg:innen am Lehrstuhl. In den letzten Monaten, in denen ich viele lange Abende an der Fakultät verbracht habe, war es sehr schön, dass auf demselben Flur noch ein Doktorand eines anderen Lehrstuhls sich in derselben Phase befand – so konnten wir uns gegenseitig immer wieder Mut machen. Außerdem war mir das fixe Enddatum in dieser Zeit eine echte Hilfe; das hat einerseits natürlich Druck gemacht (auch eine Motivation), andererseits wusste ich aber eben auch, dass es an Tag X vorbei sein würde – das alleine und die Aussicht auf das dann geplante Wanderwochenende waren sicherlich auch gute Motivatoren.
Rick Sprotte: Zum einen war und bin ich mir sicher, dass es ein wichtiges Thema ist, zu welchem die wissenschaftliche Diskussion wieder aufgenommen werden sollte. Zum anderen wollte ich es mir natürlich auch selbst beweisen, es durchhalten zu können. Irgendwann war ich an dem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gab. Da musste ich dann die Zähne zusammenbeißen und die Arbeit zu Ende bringen.
Was mir immer geholfen hat, waren die Gespräche mit Freund*innen, die teils in ähnlichen Situationen waren und auch stets ein offenes Ohr für mich hatten. Ansonsten war der Ausgleich mittels Sport oder eines anderen Hobbys überaus wichtig. Schon, um anderweitige Erfolgserlebnisse zu haben und den Kopf wieder frei zu bekommen.
Sabine Vianden: Am Anfang gab es immer die Möglichkeit, an einer anderen Stelle weiterzuarbeiten, die in dem Moment leichter fiel. Später hat mich dann eher die Tatsache motiviert, dass ich bereits so viel Arbeit hineingesteckt hatte und ich mir selber beweisen wollte, dass ich das durchziehen kann.
Anonym: Ich wollte nach dem 1. Examen unbedingt eine Pause machen. Ich habe den Verbesserungsversuch gemacht und dachte mir, ich sollte wirklich Lust aufs Ref und auf weiteres Lernen haben, wenn ich mich fürs Ref anmelde. Ich wusste, dass es mich im zweiten Examen entspannen würde, wenn ich einen Doktortitel in der Tasche hätte. Das hat es auch. Das hat mich sehr motiviert. Außerdem muss ich sagen, dass ich die Diss nie als Quälerei empfunden habe. Das Thema war wirklich spannend und es gibt außer mir tatsächlich niemanden, der sich so intensiv damit beschäftigt hat und der zu dem damals und bis heute top aktuellen Aufhänger so viel erzählen kann. Selbst Nichtjuristen können mein Thema verstehen und die Problematik ist bis heute nicht von Seiten des Gesetzgebers gelöst, sodass meine Arbeit tatsächlich ein Pionierschritt war. Vielleicht entscheidet sich die EU irgendwann zu ähnlichen Maßnahmen, wie ich sie vorgeschlagen habe. Die Relevanz und Verständlichkeit des Themas haben mich auch sehr motiviert.
Bianca von Dr-jur.net: Unser Doktorandentreff, den ich mit ein paar Freunden, die gleichzeitig promoviert haben, organisiert habe. Außerdem mein Arbeitsplan, den ich teilweise kleinschrittig für jeden Tag oder jede Stunde aufgestellt habe. Manchmal auch Deadlines für Vorträge am Lehrstuhl oder Termine mit meinem Doktorvater. Motiviert hat mich auch immer wieder, dass ich mein Thema wirklich spannend finde. Motivationsprobleme haben sich vor allem eingestellt, wenn es nicht um mein Kern-Thema ging, sondern um andere Bereiche, mit denen ich mich zur Beantwortung meiner Forschungsfrage auch auseinandersetzen musste. Dann habe ich mich daran erinnert, wofür ich mich eigentlich mit diesen Fragen beschäftige und dass sie zur Klärung meiner Forschungsfrage wichtig sind.
Hier geht es weiter zur nächsten Frage: Hattest Du irgendein Forum für Austausch mit anderen Doktorand*innen? Eine Arbeitsgruppe?